China und Taiwan schließen Freihandelsabkommen

Ende der Feindschaft?

China und Taiwan werden einen Handelsvertrag abschließen, der von vielen schon jetzt als "historisch" bezeichnet wird. Die einst verfeindeten Länder wollen schrittweise die gegenseitigen Handelszölle abbauen. Diese Vereinbarung ist politisch ein großer Durchbruch, ob er in der Praxis wirklich funktionieren wird, ist abzuwarten.

Mittagsjournal, 25.06.2010

Jahrzehntelange Feindschaft

Ma Jing-Jeou ist an seinem vorläufigen Ziel angekommen. Vor gut zwei Jahren hat der Kuomintang-Politiker, nach nicht ganz unumstrittenen Wahlen, sein Amt als Präsident Taiwans angetreten und damit acht Jahre der China-feindlichen demokratischen Fortschrittspartei DPP beendet. Sein Versprechen war es, die jahrzehntelange Feindschaft zwischen China und Taiwan zu verbessern. Und das ist ihm auch, im Rahmen des politisch Möglichen, gelungen. Es gibt wieder direkte Flugverbindungen zwischen dem Festland und der Insel. Taiwan ist mittlerweile auch das beliebteste Urlaubsziel jener Chinesen geworden, denen Peking die Reisefreiheit nach Taiwan erlaubt hat.

Zölle senken

ECFA heißt jetzt das neue Handelsabkommen, economic agreement framework, auf Deutsch übersetzt: ein Rahmenabkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Es steht aber noch nicht fest, wann genau es in Kraft treten wird und wie schnell die ausgemachten Details auch wirklich Realität werden. Wie es scheint, dürfte es allerdings China mehr bringen als Taiwan. Laut Vereinbarung verpflichtet sich Taiwan, für rund 500 explizit aufgelistete Produkte und Dienstleistungen aus China, schrittweise die Zölle auf null Prozent zu senken.

260.000 neue Arbeitsplätze

Umgekehrt hat Taiwan lediglich zugestanden, 250 Branchen von den Einfuhrzöllen zu befreien. Details werden erst nach Unterzeichnung des Vertrages bekannt gegeben. Bisher ist bereits durchgesickert, dass Taiwan unter anderem im Banken- und Versicherungssektor in China ins Geschäft kommen. China wird Taiwan mehr mit Rohmaterial, wie petrochemischen Produkten, zollfrei beliefern. Mehr Agrarprodukte oder Arbeitskräfte wird China nicht nach Taiwan liefern, hat man zumindest versprochen. Chinas Präsidentenpartei Kuomintang erwartet sich zusätzliche Wirtschaftsimpulse und 260.000 neue Arbeitsplätze.

Keine Wahl

Stimmt alles nicht, sagt die Opposition DPP, das Gegenteil ist wahr: Taiwan wird von chinesischen Billigprodukten überschwemmt und eines Tages überhaupt von der chinesischen Wirtschaft geschluckt. Die Wahrheit dürfte wohl in der Mitte liegen. Tatsächlich ist Taiwan nichts anderes übrig geblieben, als dieses, China deutlich begünstigende, Abkommen zu unterzeichnen, hat doch Peking mit den anderen ASEAN-Staaten zu Jahresbeginn ein Freihandelsabkommen in Kraft gesetzt. Das macht zollbelastete Exportprodukte aus Taiwan erheblich teurer.

Widerstand aus Opposition

Die Opposition in Taiwan muss zwangsläufig gegen das Abkommen eintreten, hat sie doch mit erheblichen Existenzproblemen zu kämpfen. Ihr ehemaliger Staatspräsident Chen Shui-Bian ist, nach schwerer Korruption während seiner Amtszeit, samt Familienmitgliedern zu lebenslanger Haft verurteil wurde. Vor wenigen Tagen wurde diese Haft, nicht ganz ohne politischer Mithilfe alter Freunde, auf 20 Jahre herabgesetzt. Die Opposition hat jedenfalls schon jetzt einen zehnjährigen Widerstand gegen das Abkommen versprochen.