Tabakgesetz ab 1. Juli in Kraft
Rauchverbot: Es wird ernst
Diese Woche endet die Übergangsfrist zum neuen Tabakgesetz: Ab Donnerstag, dem 1. Juli, ist ab einer bestimmten Lokalgröße die Trennung zwischen Raucher-und Nichtraucherbereich vorgeschrieben. Im Gegensatz zu Ländern wie Irland oder Italien konnte sich die heimischen Bundesregierung nicht zu einem totalen Rauchverbot in Gaststätten entschließen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 28.06.2010
Westen strenger als Osten
Die strengsten Regeln zum Schutz der Nichtraucher hat Irland. Dort ist seit fünf Jahren das Rauchen in allen Gaststätten, öffentlichen Gebäuden und am Arbeitsplatz verboten. Strikte Regeln gibt es auch in Großbritannien, Island, Norwegen, Belgien, Frankreich und Italien. In den Ländern Osteuropas dagegen ist das Rauchen in der Gastronomie meist noch erlaubt, so wie in Österreich.
Viele Ausnahmen
In Österreich gilt ab 1.Juli folgendes: Lokale unter 50 Quadratmeter dürfen das Rauchen uneingeschränkt erlauben - sofern sie sich nicht selbst zum Nichtraucherlokal erklären, was bisher aber nur eine Minderheit getan hat. In größeren Lokalen darf weiter geraucht werden, wenn es getrennte Bereiche für Raucher und Nichtraucher gibt. Ist ein getrennter Bereich aus baulichen oder denkmalschützerischen Gründen nicht möglich, darf mit Genehmiguung ebenfalls geraucht werden. Auch in Zelten und Gastgärten darf weiter geraucht werden.
Rauchen macht krank
Hauptargument für Rauchverbote in anderen Ländern sind die Gesundheitsschäden für Raucher und passiv mitrauchende Gäste und Arbeitnehmer. Dieses Passivrauchen steigert nach Angaben von Kardiologen der Medizin-Uni Wien die Gefahr von Herz-Kreislauferkrankungen um 30 Prozent. Besonders gefährdet sind ältere Menschen und Menschen mit einer Vorerkrankung. Das Mitrauchen kann demnach einen Herzinfarkt auslösen und sogar bei jungen, gesunden Menschen chronische Folgen verursachen.
Statistische Belege
Mediziner sagen, dass es in Ländern mit strengen Rauchverboten wie in den USA, Italien oder Schottland nach der Einführung von Rauchverboten signifikant weniger Herzinfarkte gegeben habe. In England ist nach jüngst veröffentlichten Daten die Zahl der Herzinfarkte in nur einem Jahr nach Einführung des Rauchverbots um zweieinhalb Prozent gesunken.
Schädlicher als Autoabgase
Auch Lungenfachärzte kritisieren seit langem das Rauchen in Lokalen: Nur 15 Raucher in einem Lokal würden genügen, um die Feinstaubbelastung der Luft auf ein Vielfaches der erlaubten Grenzwerte zu bringen und die Luft weit mehr zu belasten als Straßenverkehr. Passivraucher haben ein acht Mal höheres Lungenkrebsrisiko als Nichtraucher, Raucher ein 32 Mal höheres Krebsrisiko, sagen Fachärzte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zuletzt gewarnt, dass Rauchen bei Frauen zu Unfruchtbarkeit, Gebärmutterhalskrebs und Brustkrebs führen kann.
Mehr Frauen als Männer rauchen
Das Bewusstsein dafür scheint allerdings in Österreich wenig ausgeprägt: Gemäß der jüngsten Eurobarometer-Umfrage rauchen die Österreicher deutlich mehr als andere EU-Bürger: 18 Zigaretten pro Tag im Vergleich zum EU-Schnitt von 14 Stück. Laut Eurobarometer gibt es hierzulande auch einen auffallenden Unterschied zwischen Männern und Frauen: Demnach sind 41 Prozent der weiblichen, aber nur 27 Prozent der männlichen Österreicher Raucher.
Kunze gegen Raucherhetze
Der Sozialmediziner Michael Kunze tritt zwar für verstärkten Nichtraucher-Schutz ein, warnt aber vor Radikalismus. Kunze betinte im Morgenjournal-Interview, es gehe um Motivation zum Nichtrauchen und nicht um eine Raucher-Hetze.
"Aufklärung allein ist zu wenig"
Der Sozialmediziner Michael Kunze im Ö1-Morgenjournalgespräch mit
Gegen Preissenkung
Aufklärung allein sei aber zu wenig, sagt Kunze. Es brauche Therapie für die Abhängigen und auch eine richtige Preispolitik. Denn Kunze befürchtet, dass wieder mehr geraucht wird, wenn die Preise nach der Aufhebung der Mindestpreise durch die EU nach unten gehen sollten. Bei all dem gehe es nie um die Verfolgung und Diskriminierung der Raucher.
"Nur leichte Verbesserung möglich"
Mediziner zum neuen Raucherschutzgesetz, Ö1 Mittagsjournal, 28.06.2010,
Mediziner: "Bringt wenig"
Die Mediziner halten wenig vom neuen Rauchergesetz. Sie sind sich einig: Der Gesundheit der Raucher und Nichtraucher werde damit nur wenig gedient.
Getrennte Raucherbereiche in Lokalen, so wie sie ab nun vorgeschrieben sind, bringen wenig, meint Hans Moshammer vom Wiener Institut für Hygiene. Die Belastung mit Feinstaub bleibe im Nichtraucherbereichen hoch, das hätten Messungen in jenen Lokalen gezeigt, die getrennte Bereiche eingerichtet haben. Denn: es gibt keine Raumlufttechnischen Trennungen, sondern nur Türen oder überhaupt offene Durchgänge.
20% geringeres Herzinfarktrisiko
Dagegen habe sich in Ländern, in denen ein strengeres Rauchverbot gilt, tatsächlich gesundheitliche Verbesserungen gezeigt, erklärt der Salzburger Lungenspezialist Michael Studnicka: "Es hat sich hier gezeigt, dass es zu einer zwanzigprozentigen Reduktion des Herzinfarktrisikos gekommen ist. Das hätte für Österreich einige Hundert Infarkte pro Jahr bedeutet, mit der derzeitigen Regelung wird es keine vergleichbare Verbesserung geben."
Österreich: nur leichte Verbesserung
Auch der Wiener Kardiologe Thomas Stefenelli zieht den Vergleich mit anderen europäischen Ländern. Für Österreich erwartet auch er nur eine leichte Verbesserung, was in anderen Ländern positiv vorgelegt wurde, könne man mit den österreichischen Maßnahmen aber nicht erreichen. Auch der Linzer Lungenfacharzt Kurt Aigner von der Initiative Ärzte gegen Raucherschäden glaubt nicht, dass das Gesetz gesundheitlich viel verbessert.
Erster Schritt
Horst Olschweski von der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie sieht das neue Gesetz grundsätzlich positiv. "Es fehlt aber noch eine breite Basis in der Bevölkerung, die diese enorme gesundheitliche Gefährdung durch das Rauchen erkennt. Das Gesetz ist nicht ausreichend, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung." Nun komme es darauf an, dass dieses Gesetz rigoros exekutiert werde, so Olschewski.
Programmtipp
Am Mittwoch geht es auch in der Ö1-Diskussions-Sendung "Im Klartext" um das Ende der Schonfrist für Wirte und Raucher. Klaus Webhofer diskutiert ab 18.30 Uhr im Radiokulturhaus in der Wiener Argentinierstraße mit Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), mit dem Gastronomen Heinz Kammerer, mit der Autorin Eva Rossmann und mit Hansjörg Dariz vom Südtiroler Gastwirtverband.