Viktorianische Malerei in Belvedere

Schlafende Schönheit

"Schlafende Schönheit" heißt die große Sommerausstellung im Belvedere, in der Meisterwerke der viktorianischen Malerei gezeigt werden. Es ist eine hierzulande bisher weitgehend unbekannte Bildwelt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts aus England, die da erstmals in Österreich präsentiert wird.

Kulturjournal, 28.06.2010

Die Präraffaeliten verfolgten die Erneuerung der Künste gegenüber der offiziellen viktorianischen Kunst. Die ebenfalls meist unbekannten Meister dieser Kunstströmung: Frederic Leghton, Edward Burne-Jones und Dante Gabriel Rossetti. Sie werden im Belvedere in ihrem Bezug zur österreichischen Kunst der Jahrhundertwende vorgestellt - vor allem in Bezug zu Gustav Klimt.

Diese schlafende junge Frau ist von einer Schönheit, die schon fast weh tut. Früher hätte man gesagt: wunderbar kitschig, wie sie schlafend ihren kaum verhüllten Körper darbietet. Im Hintergrund gleißt das Meer in der Abendsonne und Blumenblüten hängen in üppiger Pracht über die Bank, auf der sie schläft. Eigentlich stellt diese junge Frau eine Göttin dar, aber niemand weiß heute mehr, welche. Denn die Neoklassizisten und Präraffaeliten im England des 19. Jahrhunderts liebten es, irgendwelche Göttinnen als Vorwand für erotische Darstellungen zu verwenden. Für die Prüderie der viktorianischen Zeit vorzugsweise notdürftig bedeckt mit durchsichtigen Stoffen, die kaum etwas verbargen, wie Alfred Weidinger erklärt: "Das war der Trick. Wäre sie ganz nackt gewesen, wäre es undenkbar gewesen."

Alabasterzart vergrößert

Diese prüde Darstellung malte Frederic Leighton 1895. Wie viel weniger prüde man damals in Österreich war, zeigt das Gemälde "Leda mit dem Schwan" von Franz Schrotzberg, das hierzulande über 50 Jahre davor entstanden ist. Diese Schönheit ist abgesehen von einem Tuch, das ihre Scham bedeckt, völlig nackt. Die Schenkel sind alabasterzart vergrößert im Vordergrund geschoben. "In England wäre das undenkbar gewesen", so Weidinger.

Auch wenn Gemälde dieser Art in den 60er Jahren oft noch weggeworfen wurden, weil sie als wertlos galten: gemalt sind sie in altmeisterlicher Perfektion. Wenn diese Bilder verkauft wurden, dann meist nicht in Galerien, sondern in Rahmenhandlungen. So geschehen auch beim jetzigen Hauptwerk der Ausstellung der "Flaming June". Heute etwa 50 Millionen Pfund wert (wie etwa ein wichtiges Werk von Gustav Klimt), wurde es in den 1960er Jahren für 200 Pfund in einer Rahmenhandlung verkauft.

Leightons Einfluss auf Klimt

Verblüffend ist die Ähnlichkeit der Arbeiten Leightons mit denen von Gustav Klimt: frappierend etwa in der Darstellung der Psyche oder am Porträt der Sonja Knips, wo im Hintergrund - wie bei Leighton - Blumen heraufwachsen, die den Charakter der Dame symbolisieren sollen. Bei Klimt werden diese Blumen dann in den darauffolgenden Jahren immer mehr zu ornamentalen Gebilden.

Zu sehen sind in dieser Schau auch Märchenbücher, aus denen uns diese Art der Ästhetik bereits aus der frühen Kindheit vertraut ist. Denn die Präraffaeliten und Neoklassizisten liebten es, Märchenstoffe zu illustrieren. Mit ein Grund, warum sie jahrzehntelang als Maler nicht ernst genommen wurden.

Tipp

"Schlafende Schönheit. Meisterwerke viktorianischer Malerei aus dem Museo de Arte de Ponce", 15. Juni bis 3. Oktober 2010, Belvedere, Ermäßigung für Ö1 Club-Mitglieder: 1 EUR (gilt auch für Begleitperson)

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