Eine Milliarde Euro bei Veranlagungen verloren
Rechnungshof kritisiert Niederösterreich
Der Rechnungshof kritisiert die Veranlagungen des Landes Niederösterreich scharf: Das angelegte Kapital hat sich demnach um fast eine Milliarde Euro verringert - wegen fixer Auszahlungen an das Land und schlechter Investments. Die Risiken seien zu wenig beachtet worden und die Politik habe viel zu wenig kontrolliert.
8. April 2017, 21:58
NÖ: 4,4 Milliarden Euro veranlagt
Es geht ums Familiensilber beziehungsweise darum, was man mit dem Geld aus dessen Verkauf passiert ist. Das Land Niederösterreich hat zwischen 2001 und 2006 Wohnbaudarlehen und Landesbeteiligungen verkauft, der Erlös von 4,4 Milliarden Euro wurde in vier Fonds veranlagt. Das Ziel war, langfristig rund fünf Prozent Zinsen dafür zu bekommen, das Kapital sollte vollständig erhalten bleiben. Ist es aber nicht, stellt der Rechnungshof jetzt in seinem Prüfbericht fest.
Viel zu viel riskante Investitionen
Demnach fehlte mit Ende 2008 fast eine Milliarde Euro davon - bei der Veranlagung ist nämlich vereinbart worden, dass das Land Niederösterreich jährlich eine fixe Mindestausschüttung bekommt, wegen schlechter Investments ist aber gerade einmal halb so viel erwirtschaftet wie ausbezahlt worden. Die Renditen der Fonds waren mit einer Ausnahme deutlich schlechter als jene von vergleichbaren Pensionskassen-Fonds, stellt der Rechnungshof fest. Weiters stufen die Prüfer den Anteil von alternativen also riskanten Investments mit 38 Prozent als zu hoch ein.
Weitere Verluste nicht ausgeschlossen
Fast 800 Millionen Euro waren demnach Ende 2008 in Produkten veranlagt, die ein erhöhtes Verlustrisiko in sich tragen. Wie viele davon wirklich abgeschrieben werden muss, hängt laut Rechnungshof stark von der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung ab. Die Finanz- und Beteiligungsgesellschaft FIBEG, sie ist für das gesamte Veranlagungsmanagement des Landes Niederösterreich verantwortlich, rechnet mit maximal 40 Millionen Euro zusätzlichen Verlusten - allerdings bleibt es dabei nur dann, wenn sich die Lage der Weltwirtschaft heuer verbessert, bei einem schlechteren wirtschaftlichen Verlauf könnte sich die Verluste auch deutlich erhöhen, so der Rechnungshof.
Politik nicht von Veranlagungen informiert
Bei der Anlagestrategie der FIBEG habe insgesamt das Prinzip der Ertragsmaximierung dominiert, die damit verbundenen Risiken seien zu wenig beachtet worden, so der Rechnungshof. Die Finanz- und Beteiligungsgesellschaft habe mehr und mehr riskante Produkte gekauft und sich damit weit von der ursprünglichen Veranlagungsstrategie entfernt, ohne jedoch die Entscheidungsorgane des Landes davon in Kenntnis zu setzen.
Finanzlandesrat hat nicht genug kontrolliert
Aus dem Schneider sind die zuständigen Politiker damit aber nicht: Die Niederösterreichische Landesregierung beziehungsweise der zuständige Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka von der ÖVP hätten die Möglichkeit gehabt, die Anlage-Strategie genauer zu bestimmen, haben diese Möglichkeit aber ausgelassen. Und: Obwohl der Landtag im Vorjahr neue Verlangungsbestimmungen beschlossen hat, fehle es weiter an klaren Limits für die Risikobegrenzung. Außerdem seien von fünf Empfehlungen, die der Rechnungshof bereits 2006 zu Verwaltung der veranlagen Gelder ausgesprochen hat, vier fast nicht und eine gar nicht umgesetzt worden.