Kampf um Geld, Macht, Intrigen
L'Oreal-Prozess beginnt in Paris
In Paris beginnt der spektakuläre Prozess, in dem die Tochter der reichsten Frau Europas, der 87-jährigen L’Oreal Erbin, Liliane Bettencourt, gegen den Photographen und Künstler Francois Banier klagt. Der Vorwurf: der Dandy und Prominentenphotograph habe die geistige Schwäche ihrer Mutter ausgenützt und eine Milliarde Euro aus der Tasche gezogen.
8. April 2017, 21:58
Jetzt aber sind zudem geheime Tonbandaufzeichnungen des früheren Butlers der L’Oreal Erbin aus den Jahren 2009 und 2010 aufgetaucht, welche diese Privataffäre zu einer höchst politischen Affäre machen und Staatspräsident Sarkozy, sowie seine Regierung tagtäglich mehr in Bedrängnis bringen.
Mittagsjournal, 01.07.2010
"Minister sehr sympathisch"
Die Aufzeichnungen auf insgesamt 28 CD’s, haben es in sich. Gespräche zwischen Liliane Bettencourt und dem Verwalter ihres 17 Milliarden Euros Vermögens, Patrice de Maistre, der da etwa sagt: "Ich habe den Minister Eric Woreth kommen lassen. Das ist der Ehemann von Madame Woerth, die sie bezahlen und die eine meiner Mitarbeiterinnen ist. Er ist sehr sympathisch und ist unser Haushaltsminister. Er kümmert sich übrigens um ihre Steuern, er ist Haushaltsminister, sehr sympathisch und ein Freund".
Woerth: Kein Interessenskonflikt
Besagten Minister, Eric Woerth, bringen diese und andere auf Band festgehaltene Aussagen in schwere Not. Denn die Aufzeichnungen machen auch deutlich, dass die reichste Frau Europas zwei Schweizer Konten mit 80 Millionen Euros und den Besitz einer Seychelleninsel im Wert von mindestens 300 Millionen nicht deklariert hatte - zu einer Zeit, als Eric Woerth als Haushaltsminister Jagd auf Steuersünder machte und seine Frau in der Firma arbeitete, die Bettencourts Vermögen verwaltet.
Woerths Frau musste vor wenigen Tagen ihren Job aufgeben, Woerth selbst aber – inzwischen Arbeits- und Sozialminister und als solcher für die extrem wichtige und heikle Pensionsreform zuständig – leugnet jede Schuld, sieht auch kein Problem des Interessenskonflikts darin, dass er gleichzeitig Minister und Schatzmeister der konservativen UMP Partei ist und als solcher Spendengelder eintrieb – unter anderem von Madame Bettencourt.
Finanzbehörden reagierten nicht
Außerdem sind nun Dokumente aufgetaucht, die zeigen, dass der zuständige Staatsanwalt in der Affäre Bettencourt Anfang 2009 Informationen, die mit Steuerbetrug zu tun hatten, an die Finanzbehörden weitergegeben hatte, die aber – unter dem Minister Woerth – beide Augen zudrückte.
Opposition wettert gegen Sarkozy
56 Prozent der Franzosen halten diese Affäre mittlerweile für schwerwiegend und die Opposition fährt fast täglich schwereres Geschütz auf, vom Vorwurf der Herrschaft des Geldadels bis zur Forderung, die gesamte Regierung solle zurücktreten. Die ehemalige sozialistische Präsidentschaftskandidatin Royal meinte: "In welchem anderen Land wäre ein Minister immer noch im Amt, nach all dem, was bekannt ist? In keiner anderen Demokratie. Das System Sarkozy ist heute korrumpiert".
Und bei der Fragestunde im Parlament gestern flogen die Fetzen: "Ja oder nein, wollte ein sozialistischer Abgeordneter wissen: hat Eric Woerth von Madame Bettencourt auch Geld bekommen, für seinen politischen Club in seinem Wahlkreis während er gleichzeitig Haushaltsminister war – wenn ja müsse man doch Konsequenzen ziehen".
Präsident in Bedrängnis
Wie ernst die Lage ist, mag man daraus ersehen, dass Staatspräsident Sarkozy auf dem G-20 Gipfel gleich zwei Mal das ungeschriebene Gesetz brach, sich im Ausland nicht über innerfranzösische Angelegenheiten zu äußern und dem Minister aus dem fernen Kanada sein Vertrauen aussprach. Gestern hat Nicolas Sarkozy seine Parteitruppen darauf eingeschworen, die Affäre auszusitzen – würde er seinen Minister fallen lassen, so der Staatspräsident, käme dies einem Schuldeingeständnis gleich.
Für die Franzosen aber bleibt der fatale Verdacht, dass in Zeiten der Wirtschaftskrise und der Sparpolitik ihre Regierung über die Superreichen im Land eine schützende Hand hält.