Konflikt mit Regierung und Oligarchen
WAZ vor Rückzug aus Serbien
Die deutsche Verlagsgruppe WAZ, die in Österreich an "Kurier" und "Kronen Zeitung" beteiligt ist, wird sich aus Serbien zurückziehen. Grund dafür ist ein ernster Konflikt mit der Regierung in Belgrad und einem serbischen Oligarchen. Die WAZ wirft Serbien mangelnde Rechtssicherheit vor.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 03.07.2010
Geordneter Rückzug abgestrebt
Angestrebt wird ein Verkauf der Hälfte-Beteiligungen, unter anderem an der Tageszeitung "Politika", der zweitältesten Tageszeitung des Balkans. Diesen Anteil erwarb die WAZ vor neun Jahren. Nun wird ein geordneter Rückzug aus dem serbischen Markt angestrebt.
Übernahme verweigert
Der Konflikt um die Übernahme der auflagenstärksten serbischen Tageszeitung "Vecernije Novosti" bildet den Anlass für den Rückzug der WAZ. Vor zwei Jahren erwarb die deutsche Verlagsgruppe die Mehrheit der Anteile, doch das Kartellamt verweigert bisher die Bestätigung, selbst Interventionen bei Staatspräsident Boris Tadic halfen nichts.
Denn die Mehrheit bei "Vecernije Novosti" erwarb für die WAZ als Treuhänder der Serbe Milan Beko. Unter dem Autokraten Slobodan Milosevic war Beko Minister, heute ist er ein großer Wirtschaftsboss, mit dem sich die Politik nicht anlegen will. Beko nutzt offensichtlich seinen Einfluss und torpediert die Übertragung seiner Anteile durch das Kartellamt in Belgrad.
Dubiose Partner
In Serbien noch umstrittener ist Stanko Subotic-Cane, ein ehemaliger WAZ-Partner. Subotic soll der größte Zigarettenschmuggler des Balkan gewesen sein. In Serbien besitzt er hunderte Kiosks, an denen die WAZ beteiligt war. Vor zwei Jahren trennte sich die WAZ von Subotic, weil er in Serbien wegen Zigarettenschmuggels per Haftbefehl gesucht wurde. Diese ehemalige Partnerschaft nutzen serbische Spitzenpolitiker heute als Argument gegen die WAZ; in diesem Sinne formuliert Wirtschaftsminister Mladjan Dinkic seine Kritik an WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach: "Man muss Herrn Hombach fragen, wen er als lokale Partner ausgewählt hat und warum er gerade diese Leute gewählt hat. Er trägt jedenfalls die Verantwortung für seine Partner, und entsprechend seiner Wahl ist es ihm auch auf unserem Markt ergangen."
"Schrille nationalistische Töne"
Wirtschaftsminister Dinkic verschweigt, dass Subotic und Beko der WAZ von serbischen Spitzenpolitikern vor Jahren als Partner empfohlen wurden. Darauf verweist Bodo Hombach, der etwa den ermordeten Ministerpräsidenten Zoran Djindjic und den amtierenden Staatspräsidenten Boris Tadic als Fürsprecher für Subotic und Beko nennt. Zum geplanten Rückzug aus Serbien sagt Hombach: "Der Kern ist, dass wir zwei Jahre beim Kartellamt keine korrekte Antwort bekamen, was ist, sondern nur diffuse Auskünfte; das Ganze war begleitet von schrillen nationalistischen Tönen. Also es kam Vieles zusammen, und da haben wir beschlossen, unter den Umständen wollen wir nicht mehr Investor sein."
Größere Verluste vermeidbar?
Investiert hat die WAZ mehr als hundert Millionen Euro in Serbien. Dazu zählt eine Druckerei bei Belgrad. Investiert wurde auch in die Modernisierung der Tageszeitung "Politika". Diese Anteile sollen nun ebenfalls verkauft werden. Doch der Rückzug hängt am Streitobjekt "Vecernije Novosti", weil die WAZ ohne größere Verluste aus Serbien aussteigen will.
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