Götz Spielmann inszeniert

Festspiele Reichenau

Karten für die Festspiele Reichenau im südlichen Niederösterreich zu bekommen, ist bekanntlich nicht ganz einfach. Die Premieren des Festivals werden gestürmt und auch die Folgevorstellungen sind zumeist bestens ausgebucht.

Mittagsjournal, 03.07.2010

Am Abend des 3. Juli 2010 findet die Premiere von Ibsens Schauspiel "Ein Volksfeind" im alten Kurtheater statt, am 4. Juli jene von Hermann Bahrs Lustspiel "Das Konzert" im Südbahnhotel am Semmering, ein beim Publikum besonders geliebter Spielort.

Zufluchtsort für das Österreichische

Schnitzler, Loos, Kraus, Doderer, Werfel und Hofmannsthal: Die Festspiele Reichenau sind ja der heimliche Zufluchtsort für das Österreichische, meinen viele. Hier, wo viele Protagonisten der Literatur der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zur Sommerfrische weilten, hier wo sich Ehekomödien und -tragödien abspielten und man ins weite Land der Seele schaute, sei der geeignete Ort, diese auch aufzuführen.

Dennoch beginnt man heuer mit einem Stück von Ibsen, in der Inszenierung von Helmut Wiesner: "Ein Volksfeind". Doch ein bekennender Alt-Österreicher, der Schauspieler Miguel Herz-Kestranek, hat eine eigene Fassung erstellt und spielt den Badearzt Stockmann, der in seinem Ort einen Skandal aufdecken will, am Ende selbst in die Mühlen von Politik und Medien gerät. Miguel Herz-Kestranek hält das Stück für sehr aktuell, vor allem, was die Fragwürdigkeit von Mehrheitsbeschlüssen in der Demokratie betrifft.

Eheliche Höhen und Tiefen

Weniger ernst geht es in Hermann Bahrs berühmter Komödie "Das Konzert" zu, ein einstmals überaus beliebtes Konversationsstück über Höhen und Niederungen der Ehe. Ein berühmter Pianist täuscht ein Konzert vor, um sich zu einem seiner gewohnten Stelldicheins zu geben. Joseph Lorenz und Petra von Morzé spielen das Ehepaar.

Am Südbahnhotel am Semmering, wo "Das Konzert" Premiere hat, werden in gewohnter Weise mehrere Etagen genützt. Besonders beliebt natürlich jener Saal, in dem der Blick in die umgebende Berglandschaft einen atemberaubenden Bühnenhintergrund bildet.

"Es ist ein tolles Stück"

Zum ersten Mal in Reichenau hat der Filmregisseur Götz Spielmann inszeniert, der im vergangenen Jahr mit seinem Streifen "Revanche" ins Endrennen um die Auslandsoscars gekommen ist. Was hat ihn bewogen, Hermann Bahrs etwas aus der Mode gekommenes Stück zu inszenieren? "Es ist ein tolles Stück und ich wollte unbedingt eine Komödie inszenieren", sagt er.

Nach Bahrs "Das Konzert" folgen in Reichenau in der nächsten Woche eine Theaterfassung von Daniel Kehlmanns Buch "Ruhm" und Schnitzlers "Der Weg ins Freie". Wie immer ist es dem Intendantenpaar Peter und Renate Loidolt gelungen, Darsteller nach Reichenau zu locken, die dort zu einem Ensemble verschmelzen sollen, das man sonst in diesen Konstellationen wohl kaum anderswo sehen kann.

Service

Festspiele Reichenau, 2. Juli bis 1. August 2010, reichenau an der Rax

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