Der Andrang ist enorm
Aufnahmetests an den Medizinunis
Am Freitag finden an den Medizinuniversitäten in Wien, Graz und Innsbruck die Eignungstests statt. Diese entscheiden darüber, ob die Kandidatinnen und Kandidaten im Herbst das begehrte Studium der Human- oder der Zahnmedizin beginnen können. Der Ansturm ist enorm. Der Druck auf die Studierwilligen steigt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 9.7.2010
Mehr Anmeldungen als je zuvor
Ob an den Medizinunis in Wien und Innsbruck, wo der sogenannten EMS-Test absolviert werden muss , oder an der Meduni Graz, die einen eigenen Wissenstest anwendet: So viele waren noch nie angemeldet.
In Wien sind es 1.200 mehr als im Vorjahr Die Wiener mussten für die mehr als 6.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die sich um die vorhandenen 740 Studienplätze bewerben neben dem Austria Center noch die Messe Wien anmieten.
Rudolf Mallinger, Vize-Rektor der Medizinischen Universität Wien ist verwundert über den gigantischen Anstieg der Bewerberzahlen: "Wir konnten damit nicht rechnen. Wir haben zwar seit Einführung der Aufnahmetests eine ständige Steigerung erlebt, aber heuer ist sie ganz exorbitant. Irgendwann muss ein Plateau erreicht sein."
Ein Viertel überlegt es sich anders
Paradox, meint man an der Meduni Wien, denn ein Viertel der Angemeldeten erscheint erst gar nicht zum Test. Wenn man sie wegrechnet, käme man mit einem Standort aus.
In Deutschland und der Schweiz wird für den Eignungstest eine Gebühr eingehoben. Rudolf Mallinger kann dieser Idee durchaus etwas abgewinnen: "Das hätte den großen Vorteil, dass bei der Anmeldung Ernsthaftigkeit erzeugt wird."
"Medizinstudium soll soziale Kompetenzen vermitteln."
Rudolf Mallinger im Gespräch mit Wolfgang Wittmann.
Österreicher-Quoten
In Wien stammen zwei Drittel der Bewerber und Bewerberinnen aus Österreich, in Innsbruck ist es umgekehrt. Dort kommen zwei Drittel aus Deutschland - das bekannte Phänomen der Flucht vor dem deutschen Numerus Clausus.
75 Prozent der Studienplätzen sind für Studierende aus Österreich reserviert. Hier gibt es immer wieder Diskussionen, inwiefern das gerecht ist und vor allem inwiefern das EU-konform ist. Diese Diskussion sei jedoch von der Politik in Österreich und Brüssel zu führen, sagt Rudolf Mallinger.
Ärzte mit sozialen Kompetenzen?
Neu ist an allen drei Medunis ein Verfahren, das die sozialen Kompetenzen der Studienwerber erfassen soll - wichtige Dinge für angehende Ärzte. In Wien und Innsbruck ist das ein freiwilliges Instrumentarium zur Selbsteinschätzung in Sachen Selbstdisziplin, Anstrengungsbereitschaft und Selbstmanagement.
In Graz ist der Sozialteil in den Test integriert, bestimmt aber nur zu einem geringen Teil das Testergebnis. Im Vorfeld hatte es Kritik von der Wiener Meduni an dem Grazer Verfahren gegeben: der Sozialtest hätte Mängel. Faktum ist, dass er hüben wie drüben, ob in Graz, Wien oder Innsbruck ohnehin nur einen kleinen Teil der Beurteilung ausmacht.
Test zur Selbsteinschätzung
Natürlich dürfe man bei den jungen Studienanfängern in diesem Bereich nicht zu viel voraussetzen, sagt Vizerektor Rudolf Mallinger. Soziale Kompetenz sei schließlich nicht angeboren, sondern müsse erlernt werden. Und es sei ureigene Aufgabe des Medizinstudiums, diese Kompetenzen zu vermitteln. "Was wir in Wien und Innsbruck wollen, ist, eine Hilfestellung zu geben für die Selbsteinschätzung, ob es tatsächlich das richtige Studium ist."
Ungleichheit der Geschlechter in Österreich
In Österreich schneiden Frauen für gewöhnlich deutlich schlechter ab, als ihre männlichen Kollegen. Das sei ein spezifisch österreichisches Problem, sagt Mallinger, in Deutschland und der Schweiz etwa gebe es dieses Phänomen nicht. Die Schuld liege daher wohl beim österreichischen Bildungssystem, speziell in der Sekundarstufe, vermutet Mallinger.
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