Wäre erstes Land in Südamerika

Argentinien will Ehe für Homosexuelle legalisieren

In Argentinien wird auf politischer Ebene die Homoehe diskutiert. Die Regierung von Cristina Kirchner hat im Kongress einen Gesetzesvorschlag zur Legalisierung der Eheschließung eingereicht. Das Abgeordnetenhaus hat zugestimmt, am Mittwoch wird der Senat darüber entscheiden.

Mittagsjournal, 13.07.2010

Emotionale Debatten

Es beherrscht die Medien wie kein anderes Thema. Sollen homosexuelle Paare heiraten und Kinder adoptieren dürfen oder nicht? In einem Land, in dem über 90 Prozent der Bevölkerung katholisch ist, führt dies seit einigen Wochen zu emotionalen Debatten. Die Meinungen des Volks gehen auseinander. "Ich bin gegen die Homo-Ehe. Gott hat eine natürliche Ordnung geschaffen für den Menschen und diese setzt sich aus dem Mann und der Frau zusammen, die gemeinsam eine Familie gründen. Es müssen Gesetzes verabschiedet werden, die im Einklang mit dem Wort Gottes stehen." Befürworter der Homo-Ehe hingegen meinen, es sei unreif von der Gesellschaft, sich dagegen zu wehren, dass sich das Konzept der Familie kulturell immer mehr verändert. Es sei ein Prozess, der ganz von alleine entsteht.

Kirche organisiert Massendemonstrationen

Seit Wochen ruft die katholische Kirche die Bevölkerung zum Protest auf und organisiert Massendemonstrationen. Die Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare bezeichnet sie als „pervers“. Argentiniens Bischof Jorge Bergoglio appellierte an Abgeordnete und Senatoren, gegen die Homo-Ehe zu stimmen. Treibender Motor dieser Gesetzes-Initiative ist die Kirchner Regierung. Der ehemalige Präsident und Abgeordnete Nestor Kirchner verteidigt die Homo-Ehe: "Argentinien sollte endlich seine diskriminierenden Visionen aufgeben. Ich stehe hinter meiner abgegebenen Stimme für die Homo-Ehe. Damit habe ich mit gutem Gewissen für die Gleichheit der Rechte aller Bürger gestimmt. Alle Argentinier haben ein freies Land verdient mit denselben Rechten für alle."

Volksentscheidung abgelehnt

Pablo Yurgan, Vertreter der rund 400 Organisationen, die sich zusammengeschlossen haben, um sich gegen den Gesetzesvorschlag auszusprechen, kämpft für ein Plebiszit. "Bei einem solch wichtigen Thema wäre es angemessen und demokratischer, die Meinung von 30 Millionen Bürger anzuhören und nicht 200 Leute darüber entscheiden lassen." Die argentinische Regierung hat rund 635.000 Unterschriften für die Verteidigung der Ehe und der Familie erhalten, doch die Durchführung einer Volksabstimmung wurde abgelehnt.

Regierung möchte schnelle Legalisierung

Jetzt wird das Gesetz an den Senat weitergeleitet. Alejandro Taussig, einer der Gegner des Projektes, kritisiert den Druck, den die Regierung ausübt, um es innerhalb kürzester Zeit durchzubringen. "Es gibt keine politische Rechtfertigung für dieses Projekt. In Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Dänemark und Island wurde bis zu zehnJahre über das Thema verhandelt. Uns überrascht, welche Eile die Regierung auf einmal hat, ein so tief gehendes Thema so rasch abhandeln zu wollen", sagt Taussig.

Der Mitte-Links-Block der Kirchners verfügt im Senat nur über 35 Sitze, die Opposition hingegen über 37. Da aber rund zwei Dutzend Parteien vertreten sind, hoffen die Befürworter der Homoehe, den einen oder anderen unabhängigen Senator doch noch überzeugen zu können.