Größte Razzia bisher in Italien
Schwerer Schlag gegen Mafia
In Italien ist ein harter Schlag gegen die kalabresische Mafia gelungen. In einer bisher nie dagewesenen Razzia wurden landesweit 300 'Ndrangheta-Mitglieder verhaftet. Die Struktur des undurchdringlichsten Clans wurde aufgedeckt. Güter im Wert von 60 Millionen Euro wurden beschlagnahmt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 13.07.2010
Mafia-Jägerin gab Befehl
Es war eine Razzia, auf die Insider schon gewartet hatten. Tausende Seiten belastendes Material hatte die bekannte Mafia-Jägerin Ilda Bocassini mit ihren Mailänder Kollegen zusammengetragen. Heute Nacht kam dann der Befehl zur Blitzaktion gegen jene Mafia-Organisation, die als gefährlichste und als undurchdringlichste Italiens gilt. Die kalabresische 'Ndrangheta.
Landesweite Verhaftungen
3.000 Carabinieri und Polizisten waren im Einsatz. 300 Verhaftungen waren die Folge. Allein in der Provinz Reggio Calabria waren es 120. Bei den Einsätzen wurden auch Waffen, Drogen, Geld, Immobilien und andere Güter beschlagnahmt. Erste Schätzungen belaufen sich auf einen Wert von rund 60 Millionen Euro.
Clan kontrolliert auch Norditalien
Ausgangspunkt für die Großaktion waren die Untersuchungen über die Präsenz der kalabresischen Mafia in der Region Lombardei. Die 'Ndrangheta kontrolliere bereits große Teile Norditaliens, so die oft behauptete These. Eine These, die jetzt ihre Bestätigung gefunden hat. Während in Kalabrien vorwiegend Mitglieder bekannter Mafia-Familien verhaftet wurden, zum Beispiel aus San Luca, Crotone und Rosarno, waren es in der Lombardei auch bisher unbescholtene Personen. Unter ihnen der Direktor der staatlichen Krankenkasse in Pavia, ein Bauunternehmer, Politiker sowie ein Biologe aus Novara. An die 500 lombardische Unternehmen sollen von der 'Ndrangheta bereits kontrolliert werden.
Innere Struktur aufgedeckt
Die nun durchgeführte Großrazzia hat aber auch Überraschendes über die innere Struktur der 'Ndrangheta hervorgebracht. Dachte man bisher, es handle sich dabei um viele einzelne Familien, also um unabhängig agierende Clans, so wird dies nun revidiert. Laut Ermittlern ist die 'Ndrangheta ähnlich wie die Cosa Nostra organisiert. Nämlich mit einem großen Boss an der Spitze. Möglich wurde diese Erkenntnis dank Filmaufnahmen, die der Staatsanwaltschaft zugespielt wurden. Darauf ist unter anderem eine Szene a la Hollywood zu sehen. Die versammelten Vertreter der Clans wählen mittels Abstimmung und per Handzeichen ihren Mastro Generale, sprich ihren Boss in der Lombardei.
'Ndrangheta gefährlicher als angenommen
Diese nun entdeckte vertikale Struktur der 'Ndrangheta gibt der Polizei auch weitere Aufschlüsse über die Tätigkeiten der kriminellen Organisation im Ausland. Alle Clans, sei es in Kanada, Australien oder Deutschland, hängen letztlich von Kalabrien ab. Ein Umstand, der die 'Ndrangheta noch gefährlicher macht als ursprünglich angenommen.