Beziehungskomödie unter Homosexuellen
I love you Phillip Morris
Hochstapler sind im Kino meist beliebte Figuren, sind doch ihre Taten von oft unglaublicher Tragweite. Das trifft auch auf Steven Russell zu, dessen Lebensgeschichte nun verfilmt wurde. "I love you Phillip Morris" ist zwischen Biografie und Beziehungskomödie unter Homosexuellen angesiedelt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 14.07.2010
In den Hauptrollen sind Jim Carrey und Ewan McGregor zu sehen. Ab Freitag läuft "I love you Phillip Morris" in den heimischen Kinos.
"Schwulsein ist richtig teuer!"
Schon lange bevor er zum Meisterlügner wurde, hat Steven Russell (Jim Carrey) mit einer großen Lüge gelebt. Job als Polizist, Frau und Kinder im Privatleben. Doch nach einem Autounfall outet sich der Mann als homosexuell, mit einer grundlegenden Einsicht: "Schwulsein ist richtig teuer!". Und: "Ich wurde zum Schwindler!". Kreditkartenbetrug, Versicherungen täuschen und Dokumentenfälschung.
Doch schon bald hat der lockere Umgang mit den Gesetzen Konsequenzen. Ein richtiges Schlitzohr weiß sich natürlich auch im Gefängnis Privilegien zu organisieren, und im Ausbruchsgewerbe entwickelt Russell ebenfalls enorme Fantasie, wenn er in diversen Verkleidungen durch die Gefängnistore nach draußen spaziert.
Nur an der Oberfläche gekratzt
Die beiden Regisseure John Requa und Glenn Ficarra erzählen die wahre Geschichte des Steven Russell auf zwei ineinander verwobenen Ebenen: einerseits als amüsante Abfolge der vielen, originellen Betrügereien, andererseits als romantische Liebesgeschichte, lernt Russell doch im Gefängnis seine große Liebe Phillip Morris (Ewan McGregor) kennen. Bei der Fülle des Materials habe man letztlich aber "nur an der Oberfläche dieses Lebens gekratzt", meint Co-Regisseur John Requa.
Lügen als System
Der Film "I love you Phillip Morris" schält die wechsel- und zwanghafte Persönlichkeit Russells heraus, verdeutlicht die Mischung aus Genialität, Chuzpe, überdimensioniertem Selbstbewusstsein und besonderen Blenderfähigkeiten und trifft dabei einen wesentlichen Punkt: Menschen gehen prinzipiell davon aus, dass man sie nicht belügt und Russells zweifelhafter Erfolg besteht genau im systematischen und unverfrorenen Torpedieren derartiger Wahrheitsbedürfnisse.
Die Tragik dieses Hochstaplers, seiner Identitätsprobleme und der Beziehung zwischen den beiden Männern lässt sich durch den zusehends klamaukhaften Handlungsverlauf allzu leicht wegstecken, auch weil der Film sie noch auf vermeintlich sympathische Weise zuspitzt: denn das einzige Wahre an all den Lügen ist letztlich die Liebe.