Deutschlands Kanzlerin besucht Russland
Zwischen Milliardendeals und Menschenrechten
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel ist zu Besuch in Russland. Neben der Betonung der guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern geht es dabei auch um Milliardenaufträge für die deutsche Wirtschaft. Nur der russische Umgang mit den Menschenrechten trübt die Harmonie.
8. April 2017, 21:58
Russland braucht Modernisierung
Egal ob bei dem EU-Russland-Gipfel in Rostow, bei dem Besuch von Präsident Dmitri Medwedjew in den USA oder eben jetzt bei den deutsch-russischen Regierungsgesprächen: Das Zauberwort auf russischer Seite heißt immer Modernisierung. Übersetzt heißt das nichts anderes als: Russland will und kann nicht weiter nur auf Öl-, Gas- und Rohstoffeinnahmen setzen. Die Krise hat die Abhängigkeit von den schwankenden Rohstoffpreisen drastisch deutlich gemacht.
High-Tech-Partnerschaft
Will man mehr Stabilität, muss man sich breiter aufstellen - nichts anderes bedeutet der russische Wunsch nach Modernisierung. Und da man aus eigener Kraft die Computer und Autos nicht bauen kann, braucht man starke und kompetente Partner. Die Vereinigten Staaten für ein Silikon-Valley-Projekt im Moskauer Vorort Skolkowo. Aber auch Deutschland hat in diesen russischen Plänen seinen fixen Platz, sagt Präsident Medwedjew: "Wir setzen auf Hochtechnologie und dabei auf deutsche Firmen, die in diesem Bereich eine große Erfahrung haben. Bei der strategischen Partnerschaft in der Wirtschaft beider Länder, denke ich, sind die Perspektiven nicht schlecht."
Milliardenauftrag für Siemens
Die deutsche Wirtschaft lässt sich das nicht zweimal sagen. Dass es Russland damit ernst ist, zeigt das stolze Auftragsvolumen. Ein Beispiel: Im Beisein von Angela Merkel wurde vereinbart, dass Russland in den kommenden zehn Jahren 240 Regionalzüge bestellen wird. Die Züge sollen zum Teil im Siemenswerk in Krefeld gebaut werden, zum Teil mit russischen Partnern.
Gas bleibt Streitobjekt
Aber nicht alles ist widerspruchsfrei. Russland will die Visafreiheit, Deutschland sieht noch Vorbehalte in der EU. Auch über die Zukunft der Gasversorgung wurde gesprochen: Seit bekannt wurde, dass Russland den deutschen Energieversorger RWE dazu bringen will, bei seinem eigenen Projekt South Stream mitzuwirken, gilt das europäische Pipeline-Projekt Nabucco zumindest als gefährdet. South Stream ist ein sicheres Geschäft; dass Russland die Rohstoffströme Richtung Westeuropa als politische Waffe benützt, ist nach einer nun schon jahrelangen Erfahrung mit diversen Gaskriegen ebenfalls ein Faktum. Die politische Abwägung müssen hier die Regierungen treffen.
Defizite bei Menschenrechten
Dass Russland bei all seinen Modernisierungswünschen in manchen Bereichen auch wieder sehr alt aussieht, zeigt ein bitterer Jahrestag: Genau vor einem Jahr wurde die russische Menschenrechtsaktivistin Natalija Estemirowa verschleppt und ermordet. Dass politische Verbrechen nicht aufgeklärt werden, ist inzwischen in Russland eine solche Selbstverständlichkeit, dass kaum jemand daran Anstoß nimmt. Die deutsche Bundeskanzlerin allerdings erinnerte: Es sei wichtig, so Merkel zu Medwedjew, an dieser Stelle weiter an der Aufklärung zu arbeiten.