Ölfirmen denken nicht daran
EU will vorläufigen Tiefsee-Bohrstopp
Während im Golf von Mexiko der vorläufig letzte Versuch läuft, den Ölaustritt durch eine neue Saugkappe am Meeresboden zu unterbinden, will man in Europa Konsequenzen aus der Katastrophe ziehen. Die EU-Kommission fordert ein Moratorium für alle Tiefseebohrungen - die Ölindustrie winkt ab.
8. April 2017, 21:58
Norwegen als Vorreiter
Allein in der Nordsee stehen rund 400 Ölförderanlagen, viele arbeiten in ähnlichen Tiefen wie die verunglückte Bohrinsel im Golf von Mexiko. Das Nicht-EU-Land Norwegen hat als wichtigster ölproduzierender Staat Europas bereits im Frühjahr ein Moratorium für alle Tiefseebohrungen verfügt. Energiekommissar Günther Öttinger will alle neuen Bohrgenehmigungen auch in der EU stoppen, solange die Ursache der Ölkatastrophe in den USA nicht vollständig geklärt ist.
"Höchste Umweltstandards"
Bevor nicht alle Fragen beantwortet sind, wäre es verfrüht, grünes Licht für neue Bohrungen zu geben, sagt Oettinger. Die Europäische Kommission arbeitet an einem Vorschlag für strengere Kontrollen und Sicherheitsauflagen in europäischen Meeren. Ölfirmen sollen auch nachweisen müssen, dass sie technisch und finanziell gerüstet sind, auch mit großflächigen Unfällen umzugehen. Europa brauche die höchsten Umwelt- und Sicherheitsstandards der Welt, so EU-Umweltkommissar Oettinger.
Ölfirmen winken ab
Einen provisorischen Bohrstopp kann Brüssel allerdings nicht anordnen, sondern nur empfehlen. Genehmigung und Kontrolle von Öl- und Gasplattformen liegen in der alleinigen Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Die Industrie selbst lehnt ein Bohrverbot ab - die gegenwärtigen Sicherheitsstandards in Europa würden ausreichen, so der Sprecher der Ölfirmen, Michael Engell-Jensen. Trotz aller Bemühungen hätten die Ölfirmen in Europa keine Lücken entdeckt, die einen Bohrstopp rechtfertigen würden. Auch Großbritannien, das wichtigste Ölförderland innerhalb der EU, hält ein Bohr-Moratorium für übertrieben. Energiekommissar Günther Oettinger will jetzt mit den zuständigen Regierungen telefonieren, um sie von seiner Idee zu überzeugen.
Neues BP-Projekt im Mittelmeer
Nicht nur in der Nordsee, auch im Nordatlantik und im Mittelmeer wird nach Öl gebohrt. BP, der Verursacher der Katastrophe im Golf vom Mexiko, will in wenigen Wochen mit Tiefseebohrungen unweit der Küste Lybiens beginnen. Die Europäische Kommission kann derartige Projekte nicht beeinflussen, weil für Bohrungen im Mittelmeer weder internationale noch europäische Sicherheitsstandards gelten.
