Das neue Buch von Karl Markus Gauß

Im Wald der Metropolen

Als Experte für ethnische und religiöse Minderheiten in Europa hat sich der Salzburger Autor Karl-Markus Gauß einen Namen gemacht. Er hat die Ränder des Kontinents mit ihren vielen vergessenen und verdrängten Kulturen erkundet. Eine große Reiseerzählung ist auch sein jüngstes Buch.

Kulturjournal, 21.07.2010

Gespräch mit Karl Markus Gauß

Was verbindet den barocken Bildhauer Franz Xaver Messerschmidt, den Pionier der Psychosomatik, Ernst von Feuchtersleben und den schwarzen Kammerdiener am Hof der Fürsten Liechtenstein, Angelo Soliman, mit einem holländischen Touristen, dem Karl Markus Gauß jüngst in einem Lokal in der französischen Provinz begegnet ist? Und was haben die alle mit Ingeborg Bachmann und dem kroatischen Dichter Petar Preradovic zu tun? Die Antwort: Sie treten im "Wald der Metropolen" auf, gleich im ersten Kapitel.

Gauß wollte bei diesem Buch zwei Dinge miteinander verbinden: einerseits eine europäische Kulturgeschichte mit den vielen unbekannten Verbindungen, andererseits wollte er diese Kulturgeschichte aus seinen eigenen "subjektiven Erfahrungen, Erlebnissen und Erinnerungen" heraus schreiben.

Kultur aktuell, 21.07.2010

Mit dabei und mitten drin

Zusammenhänge sichtbar machen und Unentdecktes aufspüren - das ist die Mission von Karl Markus Gauß. Einmal mehr erweist sich er sich als akribischer Rechercheur und präziser Beobachter - auch mit einem genauen Blick auf den Alltag. "Buch der Abirrungen" nennt er selbst seinen jüngsten Band.

Gern folgt man Karl Markus Gauß auf seinen verschlungenen Wegen und wartet gespannt darauf, wie er mit leichter Hand unterschiedliche Zeitebenen und scheinbar disparate Themen und Schauplätze in einer Art Montage zusammenführt. Reflexionen, Reminiszenzen, Reisen - man ist mit dabei auf dem Weg vom Hotel Moskva in Belgrad zum Slavia-Platz, auf Streifzügen durch Siena, Bukarest, Brünn und Wien.

Manche Werte bewahren

Nach 13 Stationen die Frage: Gibt es so etwas wie das Gesicht Europas? "Wenn ich es wüsste, hätte ich das Buch vielleicht nicht schreiben müssen", sagt Gauß dazu. "Ich weiß es jetzt weniger denn je".

Ursprünglich ein leidenschaftlicher Kritiker der sogenannten "europäischen Werte" und des "ganzen überheblichen Getues", hat Gauß seine Position mittlerweile geändert, etliche dieser Werte, sagt er, will er auch bewahrt wissen, zum Beispiel eine gewisse "skeptische Grundhaltung zur eigenen Existenz. Das ist auch eine gewisse, über die Ironie hinausgehende Beharrung auf gewissen individualistischen Konzepten."

Textfassung: Ruth Halle

Service

Karl-Markus Gauß, "Im Wald der Metropolen", Zsolnay Verlag

Herbert Ohrlinger und Daniela Strigl, "Grenzgänge", Zsolnay Verlag, erscheint im August 2010

Hanser Verlage - Karl Markus Gauß