Behandlung auf Krankenschein: SPÖ nein, ÖVP ja

Koalition uneins über Burn-out-Therapie

Eine psychologische Behandlung auf Krankenschein fordert der Psychologenverband. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) ist dagegen und will lieber bei den Betrieben ansetzen, um krankmachende Arbeitsbedingungen zu bekämpfen. Der Gesundheitssprecher der ÖVP, Erwin Rasinger, widerspricht vehement.

"Dringender Handlungsbedarf"

ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger im Morgenjournal-Interview mit

"Mega-Alarmzeichen"

Rasinger spricht von "dringendem Handlungsbedarf" und ist für die psychologische Behandlung auf Krankenschein. Man dürfe nicht warten, bis die Menschen schwer krank in die Invaliditätspension gehen - "immerhin 30 Prozent von 463.000. Das ist ein Mega-Alarmzeichen. Und wenn man früh eingreift, dann reichen oft fünf bis zwanzig Stunden." Rasinger schätzt die Kosten im ersten Jahr auf fünf bis zehn Millionen Euro, langsam ansteigend bis auf 30 bis 40 Millionen im Endausbau.

"Da müssen wir neu denken"

Das Geld dafür wäre nach Ansicht Rasingers da, wobei er aber betont: "Da geht es ja nicht um einen Sparverein". Das Wegschauen dürfe nicht zum Dauerzustand gemacht werden. "Es kann nicht so sein, dass wir in Österreich jedem, der das braucht, eine neue Hüfte zukommen lassen oder einen By-pass, aber bei der psychologischen Behandlung stehen wir auf der Bremse. Ich glaube, da müssen wir einfach neu denken." Es gebe immer mehr Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, "und was wir bisher gemacht haben, ist nicht genug".

"Für Normalbevölkerung öffnen"

Den Standpunkt von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), bei der betrieblichen Vorsorge anzusetzen, hält der ÖVP-Gesundheitssprecher für "absolut nicht ausreichend". Schließlich gebe es auch psychische Probleme, die mit der Arbeitswelt überhaupt nichts zu tun hätten. Rasinger will auch einer Zweiklassenmedizin entgegenwirken: "Jemand, der viel Geld hat, der braucht die ganze Gesundheitspolitik nicht. Der geht einfach zum Psychologen und lässt sich behandeln. Es darum, in welchem Ausmaß man das für die Normalbevölkerung öffnet."

Morgenjournal, 21.07.2010

FPÖ: "Billiger als Krankenstand"

Unterschiedlich fallen die Reaktionen der Oppositionsparteien auf den Vorschlag der psychologischen Behandlung auf Krankenschein aus. Die psychologische Behandlung auf Krankenschein sei ein guter Vorschlag, sagt die freiheitliche Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein. Eine psychologische Behandlung, die sich jeder Betroffene leisten könne, würde sich rechnen. Das sei in jedem Fall billiger als ein monatelanger Krankenstand.

Grüne: Psychotherapeuten vorbehalten

Zurückhaltender ist der Grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald. Er bezweifelt, dass Psychologen geeignet sind, solche Behandlungen durchzuführen: "Das reine Studium der Psychologie berechtigt keinesfalls zu einer Behandlung auf Krankenschein." Da bräuchte es eine Reihe von psychotherapeutischen Zusatzausbildungen, die Jahre dauern, so Grünewald. Die Therapie auf Krankenschein sollte so wie schon jetzt den eigens geschulten Psychotherapeuten vorbehalten bleiben und die dafür viel stärker ausgebaut werden, so Grünewald.

BZÖ für "Burn-out-Ombudsmann"

Das BZÖ hält psychologische Betreuung auf Krankenschein für eine gute Idee und fordert einen sogenannten "Burn-out-Ombudsmann" im Gesundheitsministerium, an den sich Betroffene wenden können. BZÖ-Frauensprecherin Martina Schenk meint, der "Burn-out-Ombudsmann" soll dem Minister auf die Sprünge helfen, der zum Thema Burn-out untätig sei.

Mittagsjournal, 21.07.2010

SPÖ: Betriebe sollen vorsorgen

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) hat schon Dienstag bekundet, dass er eine flächendeckende psychologische Behandlung auf Krankenschein nicht für notwendig hält. Stöger sieht die Betriebe gefordert, in denen die Arbeitsbedingungen so gestaltet sein sollten, dass sie nicht krank machen. Gesundheitsförderung in Betrieben, lautet Stögers Motto.