Eröffnung mit Bundespräsident Fischer

65. Bregenzer Festspiele

Bundespräsident Heinz Fischer hat am Mittwoch, 21. Juli 2010 in einem Festakt die 65. Bregenzer Festspiele eröffnet. Im Zentrum der heurigen Festspielsaison stehen die Wiederaufnahme der Verdi-Oper "Aida" sowie die szenische Uraufführung der Hausoper "Die Passagierin" von Mieczyslaw Weinberg.

Mittagsjournal, 21.07.2010

Festspielpräsident Günter Rhomberg hieß als Hausherr die Festgäste willkommen, darunter besonders Zofia Posmyz, die die Romanvorlage zur 1968 von Mieczyslaw Weinberg komponierten Oper "Die Passagierin" schrieb. "Ihr persönliches Schicksal als ehemalige Insassin eines Konzentrationslagers berührt uns alle tief", erklärte Rhomberg.

Die eigenwillige "Aida" Graham Vicks grenze "in manchem an ein Maß von Gigantomanie", welche durchaus nicht jedermanns Geschmack treffen könne, bekannte der Festspielpräsident. Sie sei aber so eben nur auf der Bregenzer Großbühne möglich und werde in der Folge "zweifelsohne als eine Rarität in die Annalen der Verdi-Rezeption eingehen".

"Brücke Österreichs" nach Europa

Rhomberg erinnerte zudem an das 30-jährige Bestehen des Festspielhauses sowie an jene ehrenamtlichen Funktionäre und Politiker, die zur Errichtung und später zu den Erweiterungen des Hauses beitrugen. 7,8 Millionen Gäste hätten dieses Kulturhaus seit 1980 besucht.

Das Festspielhaus präsentiere sich heute "als ein Symbol österreichischer Kultur am äußersten westlichen Ende unseres Landes, zugleich aber auch als eine Brücke Österreichs hinein in das stets größer und hoffentlich vollkommener werdende gemeinsame Europa".

Schmied: Keine Angst vor Zuwanderern!

Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) nahm das diesjährige Motto der Festspiele zum Anlass, über den Umgang mit den in Österreich lebenden Vertriebenen zu sprechen. Es sei "unsere Aufgabe, uns dringend und nachhaltig" mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Manche politischen Gruppen im Land behaupteten, die österreichische Kultur sei durch Zuwanderung gefährdet. Wenn man aber die eigenen Werte mit großer Selbstsicherheit lebe, müsse man sich davor nicht fürchten. Flüchtlinge oder Zuwanderer könnten dann unsere Identität vielmehr bereichern, erklärte Schmied.

Den Verunsicherten wolle sie Weinberg als Vorbild geben. Er hätte allen Grund gehabt zu verzweifeln, habe aber die Courage gezeigt, unter schwierigen Bedingungen Kunst zu schaffen und sich nicht unterjochen zu lassen. Angst verhindere Neues, Bereicherndes und mache kleinmütig.

"Diese Angst vor der Großzügigkeit zu bewältigen, ist die Herausforderung, vor die wir in Österreich heute gestellt sind", betonte Schmied. Die Werte, die dazu nötig seien, hätten unsere Gesellschaft in reichem Maße entwickelt, man müsse sich ihrer nur besinnen: "Verantwortung, Respekt, Toleranz".

Die Festspiele setzten auch heuer "ein Zeichen für Verbundenheit, für Internationalität, für Offenheit gegenüber den Menschen aus aller Welt", so Schmied, die sich bei Intendant David Pountney für sein "entschiedenes Bekenntnis zu den Werten einer offenen Kultur" bedankte.

Fischer: Warnung vor Abkehr von Humanität

Zuletzt bezog sich auch Bundespräsident Heinz Fischer auf das Festspiel-Motto "In der Fremde" und stellte "Überlegungen über das Eigene und das Fremde, über Heimat und Exil" an. So übte er Selbstkritik und sprach von dem fehlenden Verständnis Österreichs, in den ersten Jahren nach 1945 vertriebene Österreicher wieder aufzunehmen.

Mitte der 1950er Jahre während der Ungarnkrise beziehungsweise nach der Niederschlagung des Prager Frühlings und dem Militärputsch in Chile habe sich das Land jedoch "von seiner besten Seite gezeigt". In Anlehnung an diese Zeit warnte Fischer von der beträchtlichen "Gefahr vom Weg einer humanen und humanistischen Grundeinstellung gegenüber Menschen aus anderen Nationen oder Kultur abzuweichen".

Vom Umgang mit Anderen

Danach nahm Fischer auch Bezug auf die aktuelle politische Lage. "Der Umgang mit Menschen aus anderen Kulturkreisen, die eine andere Sprache sprechen und womöglich eine andere Religion haben, fällt uns offenbar ganz und gar nicht leicht", so der Bundespräsident, "obwohl unser Österreich, wie es heute besteht, ohne die Durchmischungen, die Zuwanderung und die geistigen Befruchtungen durch Fremdes im Laufe des 20. Jahrhunderts gar nicht denkbar wäre."

In seiner Rede rief Fischer zu mehr Sensibilität für das Schicksal anderer Menschen auf und appellierte an die junge Generation, grenzüberschreitend das zu sehen, was sie alle verbinde, "nämlich die gemeinsame Menschenwürde". Mit einem Aufruf zu mehr "Herz für das Fremde und für eine Kunst, die Xenophobie überwindet" schloss der Bundespräsident seine Rede ab: "Letztlich ist jeder Mensch in seinem Leben in manchen Situationen auch ein Fremder."

Videobotschaften internationaler Autoren

Die von David Pountney gestaltete Eröffnung, an der auch Vizekanzler Josef Pröll (V), weitere Regierungsmitglieder und Gäste aus dem benachbarten Ausland teilnahmen, wurde von Musik von Weinberg dominiert.

In Deutschland lebende Autoren mit internationalen Wurzeln - Wladimir Kaminer, Asfa-Wossen Asserate, Helge Timmerberg, Ilija Trojanow und Galsan Tschinag - beteiligten sich als Videobotschafter zum Thema "In der Fremde" an dem Festakt.

Text: APA, Red.

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Bregenzer Festspiele, 21. Juli bis 22. August 2010,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (zehn Prozent Ermäßigung beim Spiel auf dem See: So-Do, Kt.2-5; zehn Prozent Ermäßigung in der Oper)

Bregenzer Festspiele