Bis 2030 ein halbe Million mehr
Experte: Zuwanderung weit höher
Der Bevölkerungsexperte Rainer Münz relativiert die Forderung von Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP), dass Österreich 100.000 Zuwanderer bis zum Jahr 2030 brauche, sonst überaltere und die Gesellschaft. Nach Berechnungen von Münz ist die Zuwanderung ohnehin weit höher.
8. April 2017, 21:58
100.000 Zuwanderer jedes Jahr
Ohnehin übersiedelten jedes Jahr 100.000 bis 120.000 Menschen nach Österreich, überwiegend aus dem EU-Ausland, sagt Münz im Ö1-Morgenjournal-Gespräch. 80.000 Menschen gingen jedes Jahr weg, blieben unterm Strich jedes Jahr 20.000 bis 40.000 Personen mehr. "Das bedeutet bis 2030 eine halbe Million Menschen mehr", so Münz. In diese Richtung gehe auch die Prognose der Statistik Austria, die von rund neun Millionen Einwohner in Österreich im Jahr 2030 und etwa 9,5 Millionen um die Mitte des 21. Jahrhunderts.
"Bis 2030 eine halbe Million Menschen mehr"
Bevölkerungsexperte Rainer Münz im Morgenjournal-Gespräch mit
Langfristig mehr Pensionisten
Zuwanderung sei sinnvoll und stütze die sozialen Sicherungssysteme, sagt Münz, wenn die Zuwanderer auch schnell Arbeit finden, Steuern entrichten und in die Sozialsicherungssysteme einzahlen. Langfristig erhöhe das allerdings auch die Zahl derer, die einmal in Pension gehen können.
Die meisten kommen aus der EU
Die Zuwanderung komme derzeit vor allem aus der EU und sei politisch nicht gesteuert, weil sie von der Niederlassungsfreiheit in der EU Gebrauch mache. Die werde in erster Linie von den verfügbaren Studien- und Arbeitsplätzen bestimmt, so Münz. Politisch beeinflussbar und einschränkbar sei nur jene aus Drittstaaten.
Neue Zuwanderer besser qualifiziert
Auch die Einschätzung über das Qualifikationsniveau der Zuwanderer rückt Münz zurecht: Die Zuwanderer, die in den letzten zehn Jahren nach Österreich gekommen sind, unterschieden sich deutlich von den "Gastarbeitern" der 1960er-Jahre. Vor allem in den letzen zehn Jahren stamme die Zuwanderung vorwiegend aus dem mittleren und höheren Qualifikationsbereich. "Ich sehe die Probleme, die wir uns in den 6oer-Jahren durch die Gastarbeiteranwerbung langfristig selbst geschaffen haben, bei einer zukünftigen Zuwanderung von besser qualifizierten Menschen nicht", sagt der Bevölkerungswissenschaftler.