Widerspruch zu Grundgesetz
Fremdenpolizei darf Haus durchsuchen
In Oberösterreich hat die Fremdenpolizei auf der Suche nach einem 15-Jährigen, der nach Georgien abgeschoben werden sollte, das Haus eines Nachbarn der Familie durchsucht. Der Hauseigentümer war während der Aktion nicht zuhause und wurde auch nicht verständigt. Juristen halten diese Hausdurchsuchung für rechtlich gedeckt, aber problematisch.
23. November 2023, 15:32
Mittagsjournal, 26.07.2010
Polizisten vor dem Bett der Tochter
Der 28. Juni ist Hans Neusser-Harringer in Erinnerung geblieben. Er ist an seinem Arbeitsplatz, als er von seiner Tochter angerufen wird. Die habe erzählt, dass zwei Polizeibeamte an ihrem Bett gestanden seien, ihr Zimmer durchsucht hätten. Die Fremdenpolizei ist über eine unversperrte Seitentür des großen Bauernhauses in das Gebäude gekommen und hat eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Als sie den 15-jährigen Sohn der georgischen Familie Muradov, der mit dem Sohn von Hans Neusser-Harringer befreundet ist, nicht finden, gehen die Polizisten wieder.
Widerspruch zu Grundgesetz
Hans Neusser-Harringer bekommt dann von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mitgeteilt: Alles rechtens aufgrund von Paragraph 75 im Fremdenpolizeigesetz. Diese Gesetzesbestimmung scheint tatsächlich solche Einsätze zu erlauben, sagt der Jurist Reinhard Klaushofer, er leitet auch eine Kommission des Menschenrechtsbeirats im Innenministerium. Sprich: immer wenn angenommen wird, dass ein Gesuchter sich an einem bestimmten Ort aufhält, kann der dort gesucht werden, sagt Klaushofer - auch ohne richterlichen Befehl. Das sei eine problematische Rechtslage, schließlich sehe das Hausrechtsgesetz bzw. das Staatsgrundgesetz einen richterlichen Vorbehalt für Hausdurchsuchungen vor, sagt der Jurist. Das werde in der gesetzlichen Grundlage nicht ausreichend berücksichtigt. Dem Juristen Reinhard Klaushofer ist diese Regelung zu unbestimmt.
"So grob und brutal"
Unter jenen, die zugewanderte Familien unterstützen, hat diese Hausdurchsuchung Unruhe gestiftet. Hans Neusser-Harringer zeigt sich entsetzt, "dass das jetzt nach sechs Jahren, die die Familie mit fünf Kindern hier ist, so grob und brutal durchgezogen wird". Familie Muradov lebt nun in Georgien. Es fehle an allem, sagt Hans Neusser-Harringer, der zur Unterstützung ein Spendenkonto eingerichtet hat. Vom 15-jährigen Sohn Sarkis fehlt nach wie vor jede Spur.
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