Appell an Bundesländer

Pflegende brauchen Urlaub

Zur Erholung auf Urlaub fahren, ist für viele pflegende Angehörige nicht möglich, weil sie für den Pflegebedürftigen keinen Betreuungsplatz finden. Es gibt zu wenige. Die Vertretung der pflegenden Angehörigen appelliert daher an die Länder, die Betreuungseinrichtungen auszubauen.

Morgenjournal, 27.07.2010

Urlaub dringend nötig

80 Prozent aller Pflegegeldbezieher, nämlich rund 350.000, leben nicht im Heim, sondern werden zu Hause gepflegt und da meistens von Angehörigen. Für die pflegenden Angehörigen bedeutet das oft Einsatz rund um die Uhr, Mehrfachbelastung durch Haushalt und Beruf, soziale Isolation. Die Gefahr, selbst krank zu werden, Rückenprobleme, ein Burnout oder Depressionen zu bekommen, ist für pflegende Angehörige besonders groß, sagt Monika Wild vom Roten Kreuz, die die Interessensgemeinschaft pflegender Angehöriger ins Leben gerufen hat.

Pflegerinnen auf Urlaub

Umso wichtiger wäre es, Auszeiten nehmen zu können, um sich zu erholen. Doch wer betreut inzwischen den Pflegebedürftigen? Viele Angehörige können nicht weg, weil gerade in der Urlaubszeit nicht genug Betreuungsplätze vorhanden sind, sagt Monika Wild. Denn auch die Mitarbeiterinnen in den Betreuungseinrichtungen seien auf Urlaub, daher könnten keine zusätzlichen Klienten aufgenommen werden.

Zu wenige Plätze und Personal

Grundsätzlich ist es möglich, Pflegebedürftige, die normalerweise von Angehörigen gepflegt werden, vorübergehend, für zwei, drei Wochen in Pflegeheimen unterzubringen. Oder einen der mobilen Dienste wie die Hauskrankenpflege oder die mobile Altenhilfe anzufordern. Allerdings, es gibt zu wenig Plätze und zu wenig Personal - speziell in der Urlaubszeit aber auch ganz generell, kritisiert Monika Wild. Auf stundenweise Einsätze sei man vorbereitet, aber nicht auf halbe oder ganze Tage.

Appell an die Länder

Daher richtet Monika Wild von der Interessensgemeinschaft für pflegende Angehörige auch den Appell an die Länder, die für die mobilen Dienste zuständig sind, die Betreuungseinrichtungen auszubauen.

Finanzielle Unterstützung

Die pflegenden Angehörigen erinnert Monika Wild an den Unterstützungsfonds im Sozialministerium. Dort kann man um finanzielle Unterstützung ansuchen, um sich im Urlaubsfall die Ersatzpflege leisten zu können. Ab Pflegestufe 3 kann man um einen Zuschuss ansuchen, bei Demenzkranken schon ab Pflegestufe 1, egal ob man eine professionelle oder eine private Ersatzpflege in Anspruch nimmt.

Mittagsjournal, 27.07.2010

Möglichkeiten und Kriterien

Förderungswürdig sind jene Personen, die hauptsächlich für die Pflege zuständig sind und sie müssen nahe Angehörige sein. Das sind direkte Verwandte wie Kinder, Eltern und Geschwister, Enkel oder Großeltern, sowie Ehegatten, Lebensgefährten, Schwager oder Schwägerinnen, aber auch Stief- und Pflegekinder. Gefördert wird aber nur bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze: Der Antragsteller oder die Antragstellerin darf bis zu 2.000 bzw. 2.500 Euro netto pro Monat verdienen, je nach Pflegestufe der zu betreuenden Person. Gewährt wird diese Unterstützung bei einem Pflegegeldanspruch grundsätzlich ab der Stufe drei, bei minderjährigen Pflegebedürftigen oder Demenzkranken schon ab der Stufe 1.

Antrag beim Sozialamt

Gefördert wird professionelle, aber auch private Ersatzpflege im Ausmaß von vier Tagen bis maximal vier Wochen pro Jahr. Die Höhe der möglichen jährlichen Zuwendung liegt zwischen 1.200 und 2.200 Euro. Der Antrag auf Unterstützung - für einen Urlaub oder bei Krankheit - kann bei den Bundessozialämtern eingebracht werden. Das ist bis zu einem halben Jahr nach dieser Auszeit möglich.

Nur zwei Prozent machen Gebrauch davon

Allerdings nützen nicht viele Angehörige diese finanzielle Unterstützung für die Ersatz-Pflegezeit. Im vergangenen Jahr waren es 7.835 Anträge, die positiv erledigt worden sind, im heurigen ersten Halbjahr waren es bisher knapp 3.100 Zuwendungen. Das sind lediglich gut zwei Prozent der etwa 350.000 Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen.