Süditalienische Treibminen
Männer al dente
"Männer al Dente" nennt sich eine italienische Komödie, die einen durchaus ernsten Hintergrund hat, denn als sich der Sohn einer süditalienischen Familie als homosexuell outet, bricht das Familiengefüge zusammen. Regie führte der aus der Türkei stammende und in Italien lebende Regisseur Ferzan Ozpetek.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 04.08.2010
"Mine vaganti", also Treibminen, so nennt Regisseur Ferzan Ozpetek seinen Film im italienischen Original und kommt damit seinem Gegenstand bedeutend näher, als der doch mäßig originelle deutsche Titel "Männer al dente". Denn auch Treibminen können in einem Meer der Gefühle lange dahintreiben und dann plötzlich explodieren.
Tommaso ist schwul und will es endlich seiner Familie sagen. Doch bevor er dazu kommt tritt sein Bruder Antonio mit dem gleichen Anliegen auf den Plan.
Hoher Preis
In konservativen süditalienischen Gesellschaftssphären ist ein derartiges Geständnis natürlich eine Katastrophe. Der Preis ist für beide Brüder hoch: Antonio wird enterbt und der angehende Schriftsteller Tommaso ungewollt in den Familienbetrieb, eine Nudel-Fabrik, hineinbefördert.
Aus dem substanziellen Grundkonflikt - wie kann man leben, wenn man seine innersten Bedürfnisse nicht ausleben kann - macht Regisseur Ferzan Ozpetek aber keine bittere Tragödie, sondern vielmehr eine beschwingte Komödie. Über Tragödien auch zu lachen, das sei einfach seine Lebenseinstellung so Ferzan Ozpetek.
Familienheucheleien
Freilich relativiert Ozpetek menschliche Schwächen innerhalb der Familie, inklusive der einen oder anderen Heuchelei, etwa wenn der durch das Outing seines Sohnes schwer brüskierte Vater wie selbstverständlich eine Geliebte hat, oder die Tante gerne mal einen über den Durst trinkt.
In sommerlichem Übermut strapaziert Ferzan Ozpetek dann doch einige Schwulenklischees, glättet so manch kantiges Sujet. Eine stets leichtfüßige Kamera, ein Hang zu melancholischer, goldgelber Lichtgebung und die landschaftlichen Reize Süditaliens stehen klar auf Toleranz- und Versöhnungskurs. Denn niemand ist makellos, und wie man richtig lebt, das ist vor allem eine Frage der Perspektive.