Pattsituation unverändert
Zwei Jahre nach Georgienkrieg
Der fünftägige Krieg zwischen Russland und Georgien ist nun zwei Jahre her. Aber an den Problemen hat sich nichts geändert. Die Beziehungen sind äußerst schlecht, die EU versucht zu vermitteln, wird aber an Beobachtungen gehindert. Die Lage für 100.000 Flüchtlinge ist unverändert.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 07.08.2010
600 Tote, 100.000 Flüchtlinge
Vor zwei Jahren, in der Nacht auf den 8.August 2008 begann im Kaukasus der Krieg zwischen Russland und Georgien. Unmittelbarer Anlass war der Einmarsch georgischer Truppen in die von Georgien abtrünnige Provinz Südossetiens. Ein Akt, dem permanente militärische Provokationen von russischer Seite vorausgegangen waren. Auf Georgiens Einmarsch in Südossetien reagierte Moskau mit einer heftigen Gegenoffensive. Die Gefechte wuchsen sich zu einem regelrechten Krieg aus, der auch auf Abchasien übergriff, die zweite georgische Provinz, die sich in den 90er-Jahren von Georgien für unabhängig erklärt hatte. Knapp fünf Tage dauerte der militärische Konflikt zwischen Russland und Georgien, bis zu 600 Menschen wurden getötet, über 100.000 sind geflohen. Seither herrscht Eiszeit zwischen Tiflis und Moskau. Südossetien und Abchasien stehen wirtschaftlich und politisch unter der Kuratel Moskaus. Georgien fordert die Reintegration dieser Gebiete, Abchasien und Südossetien bestehen auf ihrer Unabhängigkeit. Eine Pattsituation.
Probleme unverändert
Die Beziehungen zwischen Georgien und Russland könnten schlechter nicht sein, sagte vor kurzem der georgische Vizepremier Giorgi Baramidse.
De facto gibt es gar keine Beziehungen zwischen den beiden ehemaligen Kriegsgegnern. Die diplomatischen Kontakte sind eingefroren, Flugverbindung zwischen Georgien und Russland sind weiterhin unterbrochen. Und auch sonst sind alle Probleme, die zu dem Krieg vor zwei Jahren geführt haben, unverändert präsent, sagt der georgische Politologe David Aphrasidse. Immer noch seien russische Truppen in Südossetien und Abchasien präsent, internationale Beobachter hätten keinen Zugang, und mehr als 100.000 Flüchtlinge blieben verteilt über Georgien. In Tiflis sei aber vom Krieg vor zwei Jahren nichts mehr zu spüren.
EU vermittelt
Für Verhandlungen zwischen Russland und Georgien fehlt es an Spielraum: Russland beharrt auf der Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens, Georgien seinerseits will nicht auf 20 Prozent seines Territoriums verzichten, so Aphrasidse. Von dieser Maximalforderung geht keine Seite bisher ab. Georgien sei aber immerhin für eine Internationalisierung des Konflikts bereit. Die Europäische Union werde als Vermittler akzeptiert - von Georgien und prinzipiell auch von Russland. Allerdings könnten sie ihre Beobachtermission nicht ausüben.
Besser Beobachter als keine
Dass die europäischen Beobachter nicht nach Südossetien und Abchasien hineindürfen, ist wirklich ein Problem, gibt auch Heidi Tagliavini zu. Die Schweizer Diplomatin hat als Sonderbeauftragte der EU die Gründe für den russisch-georgischen Krieg untersucht und den nach ihr benannten Tagliavini-Bericht verfasst. Dennoch sei es immer noch besser, dass die Beobachter dort sind und es präventiv melden könnten, "wenn sich etwas anbahnt", als wenn gar niemand dort wäre.
Gespräche nicht abreißen lassen
Immerhin gibt es die Genfer Gespräche, an denen Vertreter aller Konfliktparteien, also Georgien, Abchasien, Südossetien und Russland gemeinsam mit der EU, der OSZE und den USA an einem Tisch sich regelmäßig treffen. Die Kritik, dass diese Gespräche bisher noch keinerlei Erfolge brachten, möchte die Schweizer Diplomatin nicht gelten lassen. Der Krieg ist erst zwei Jahre vorbei. Man müsse sich einfach bewusst sein, dass Konfliktlösung ihre Zeit braucht. Man dürfe das Gespräch nicht erlöschen lassen. "Es gibt viele Dinge die im Untergrund verlaufen und die den Stein vielleicht doch ins Rollen bringen."
Keine Fortschritte erkennbar
Doch von einem "rollenden Stein" ist derzeit nichts zu bemerken. Über die zentrale Statusfrage von Abchasien und Südossetien lässt sich derzeit nicht einmal diskutieren. Eine Wiedereingliederung der beiden Gebiete in Georgien ist, so die Schweizer Diplomatin, vorerst in sehr weite Ferne gerückt.