Durchwegs postive Reaktionen

Neue Einstufungen bei Pflegegeld

Der Gesundheits- und Krankenpflege-Verband begrüßt die geplanten Änderungen bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit. Auch die Oppositionsparteien sind dafür. Ab Oktober sollen im Rahmen eines Pilot-Versuches Ärzte gemeinsam mit Pflege-Fachkräften die jeweilige Stufe für das Pflegegeld festlegen.

Mittagsjournal, 10.08.2010

Ärzte sind keine Pfleger

Für die Pflege-Einstufung soll künftig das Vier-Augen-Prinzip gelten: durch die medizinische Beurteilung von Ärzten und das Wissen und die Erfahrung der Pflege-Fachkräfte. Denn diese bringen eine wichtige Expertise mit, für die Ärzte nicht ausgebildet seien, sagt Ursula Frohner, Präsidentin des Gesundheits- und Krankenpflege-Verbandes: "Mediziner lernen in ihrer Ausbildung medizinische Diagnostik und Therapie. Hier geht es um die soziale Komponente und zielgerichteten Einsatz von Pflegehilfsmittel und dafür sind Mediziner nicht ausgebildet."

Beurteilung erfordert Zeit

Es gehe darum, zu beurteilen, wie die pflegebedürftige Person ihr tägliches Leben verrichten kann. Vor allem bei Personen mit einem höheren Pflegebedarf sei die Expertise der Pflegefachkräfte besonders wichtig. "Ein sichtbares Zeichen ist zum Beispiel, wie oft jemand umgebettet werden muss", erklärt Frohner, "welche Unterstützung die Person bei der Nahrungsaufnahme braucht oder beim Bewegen in der Wohnung. Es geht hier nicht primär um die Einnahme von Medikamenten."

Diese Beurteilung der Pflegebedürftigkeit erfordere Zeit, sagt Ursula Frohner. Etliche Ärzte würden sich diese Zeit nicht nehmen, sagt Ursula Frohner und verweist auf eine entsprechende Erhebung des Rechnungshofs: "Der Bericht spricht für sich. Es gibt sicher Ärzte, die die Gutachten im Rahmen der Pflegegeld-Einstufung sehr gewissenhaft erstellen. Wir wissen aber auch, dass einige Ärzte das etwas großzügiger sehen."

Ärztekammer dagegen

Die Präsidentin des Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes sagt, der Pilotversuch in fünf Regionen in Österreich sei ein wichtiger Schritt. Später könnten Pfelgefachkräfte diese Beurteilung alleine vornehmen. Ursula Frohner fordert auch, dass Pflegekräfte mehr Kompetenzen bekommen, nämlich künftig auch Pflegehilfsmittel verschreiben dürfen.

Die Ärztekammer kann diesem Vorschlag freilich nichts abgewinnen. Eine Ausschaltung der ärztlichen Expertise bei der Pflegegeldeinstufung sei für Ärztekammerobmann Rolf Jens "undenkbar".

Mittagsjournal, 10.08.2010

Positive Reaktionen aus der Politik

Durchwegs positiv bewerten Regierungspartner und Oppositionsparteien den Vorschlag zur Neuregelung der Pflegeeinstufung von Sozialminister Rudolf Hundsdorfer, für die ab Oktober dieses Jahres ein Pilotversuch starten wird. Ärzte und Pflegefachkräfte sollen ja in Zukunft gemeinsam den Bedarf von Pflegebedürftigen ermitteln.

August Wöginger von der ÖVP meint dazu, es komme derzeit immer wieder zu Verzögerungen und Komplikationen bei der Festlegung des Pflegegelds. Mehr Effizienz sei hier sicher sinnvoll.

Aus Sicht von Ursula Haubner vom BZÖ bringt das Pflegegeld neu hingegen wenig Verbesserung. Sie erwarte sich mehr vom Sozialminister: nämlich ein neues Gesamtpaket Pflege.

Mehr Pflegekräfte nötig

Dass die Anzahl der Pflegekräfte in Österreich deutlich aufgestockt werden muss, darüber ist man sich durchwegs einig. Die Lösungsansätze sind jedoch unterschiedlich.

Norbert Hofer von der FPÖ hat wenig Vertrauen in das AMS, das derzeit Arbeitslose zu Pflegekräften umschulen will. Schließlich sei nicht jeder Mensch für den Pflegeberuf geeignet.

Mit einer besseren Bezahlung und einer qualifizierten Ausbildung will Karl Öllinger von den Grünen mehr Menschen zum Pflegeberuf bringen.

Streitpunkt Finanzierung

Zum Thema Finanzierung des Pflegesystems in Österreich gehen die Meinungen jedoch erwartungsgemäß auseinander. Der Sozialminister spricht von einem Pflegefonds in Höhe von etwa 500 Millionen Euro. Ein Anfang, aber zu wenig sagt der grüne Sozialsprecher Karl Öllinger. Norbert Hofer von der FPÖ hingegen sieht überhaupt keine Notwendigkeit für einen Pflegefond. Man solle lieber das jetzige Gesundheitssystem besser organisieren.