Ein Meister der Schweizer Opernkunst

Heinrich Sutermeister

Karl Böhm nannte ihn "eine der größten schöpferischen Begabungen, die das heutige europäische Musikschaffen kennt": den vor 100 Jahren geborenen Schweizer Komponisten Heinrich Sutermeister. Seine Oper "Romeo und Julia" wurde an vielen deutschen Bühnen gespielt.

Erfolgreiche Shakespeare-Oper

Böhm leitete die Uraufführung der neoromantischen Shakespeare-Oper "Romeo und Julia" am 13. April 1940 an der Staatsoper Dresden, deren Chef er zu dieser Zeit gewesen war, bevor er dann schließlich die Wiener Staatsoper (zum ersten Mal) übernommen hat. Der Erfolg von Sutermeisters "Romeo und Julia" war ausgesprochen groß - auch dank der hervorragenden Besetzung mit Maria Cebotari als Julia - und innerhalb von kurzer Zeit wurde die neue Oper an vielen deutschen Bühnen nachgespielt, was sich nach 1945 aber als Bumerang erwies.

Politische Auswirkungen

Eine Nähe zum Naziregime hat man Sutermeister nach dem Krieg vorgeworfen, doch kann man es einem jungen Komponisten wirklich verübeln, in einer solchen Situation den eigenen Erfolg über die politischen Gegebenheiten zu stellen? Jedenfalls war seine Haltung den Nazis gegenüber nicht anders als die der offiziellen Schweiz, soviel dürfte feststehen. Und auch sein tonaler, vielleicht etwas gefälliger Kompositionsstil entsprach mehr seinem eigenen Geschmack als kulturpolitischer Ideologie, während unter Musikpublizisten nach dem Krieg doch in erster Linie die Zwölftöner als richtungsweisend angesehen wurden.

Vorbild Verdi und Puccini

Heinrich Sutermeister wurde am 12. August 1910 in Feuerthalen - gegenüber von Schaffhausen - geboren. Er war der Sohn eines Pfarrers, sein Großvater war Universitätsprofessor in Bern, sein Urgroßvater Cornelius Komponist. Er selbst hat bereits mit 15 Jahren seine erste Komposition vorgestellt. Nach dem Ende seiner Schulzeit in Basel und Paris hat er zunächst ein Philologiestudium begonnen.

Nachdem er in Paris Debussy und Ravel für sich entdeckt hatte, wandte sich Sutermeister ganz der Musik zu. Er ging an die Münchner Akademie der Tonkunst, studierte Komposition unter anderem bei Pfitzner und Orff, wurde aber ebenso durch seinen Landsmann Arthur Honegger beeinflusst. Dennoch entwickelte er bald einen eigenen Stil, der jedoch erkennen lässt, dass ihn sowohl der späte Verdi wie auch Puccini stets sehr fasziniert haben.

Sujets aus der Weltliteratur

Die Sujets zu den meisten seiner rund ein Dutzend Opern fand Sutermeister in der Weltliteratur (unter anderem bei Dostojewskij, Flaubert, Hauff, Ionesco, Nestroy, Wilde), die Libretti dazu verfasste er in der Regel selbst. Ferner schrieb er Ballette, Kammermusik, Chormusik, ein Requiem (uraufgeführt 1953 in Rom unter Herbert von Karajan) und war als Komponist immer wieder auch für Radio, Film und Fernsehen erfolgreich.

Verdienste und Ehrungen

Von 1963 bis 1975 leitete Sutermeister eine Kompositionsklasse an der Hochschule für Musik in Hannover. Ab 1958 war er Präsident der Schweizerischen Urheberrechtsgesellschaft "Mechanlizenz", ab 1977 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

Sutermeister erhielt auch eine ganze Reihe von Auszeichnungen: 1962 etwa den Preis der "Société des Auteurs et Compositeurs dramatiques", 1965 den Opernpreis der Stadt Salzburg, 1967 den Preis des Schweizer Tonkünstlervereins.

Heinrich Sutermeister starb am 16. März 1995 in seinem Wohnort Vaux-sur-Morges im Kanton Waadt.