"Toilettenrennen" gegen Tabuisierung
Immer mehr Darmerkrankungen
Chronisch entzündliche Darm Erkrankungen (CED) sind in unserer Gesellschaft nach wie vor ein Tabuthema. Doch immer mehr Menschen sind davon betroffen. In den letzten Jahren haben Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa um 270 Prozent zugenommen. Ein "Toiletten-Wettrennen" mit Prominenten in Salzburg soll darauf aufmerksam machen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 11.8.2010
Drei Jahre bis zur Diagnose
Chronische entzündliche Darmerkrankungen werden viel zu spät entdeckt, sagt CED-Experte Walter Reinisch von Medizinischen Universität in Wien. Im Durchschnitt dauert es in Österreich mehr als drei Jahre, bis eine Diagnose auf chronisch entzündliche Darmerkrankung gestellt wird.
30 Durchfälle pro Tag
Bis dahin haben viele Patienten, eine Odysse hinter sich. Sie sind abgemagert, von ständigen Bauchkrämpfen und Durchfallanfällen bis zu 30 mal am Tag geplagt.
Peter Ehhammer, Sprecher der CED-Vereinigung und Betroffener, hat sich - als er noch nicht in Therapie war - nicht mehr aus dem Haus getraut. "Die meiste Zeit war ich zuhause. Die ersten zehn Jahre war es unmöglich, dass ich irgendwo hingegangen bin. Ein Privatleben mit Fortgehen am Abend war mir nicht möglich."
Betroffene werden immer jünger
80.000 Betroffene gibt es, Tendenz steigend. Die Krankheit geht bereits in jungen Jahren zwischen 15 und 25 Jahren los, manchmal sogar im Kindesalter, sagt Reinisch.
Warum es einen derartigen Anstieg an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen gibt ist für die Wissenschafter unklar. Gesichert ist lediglich, dass rund 100 von den 25.000 menschlichen Genen eine gewisse Rolle spielen. Das erklärt aber nicht den dramatischen Anstieg. "Da muss etwas anderes sein, dass die Erkrankungen treibt", erklärt Reinisch, "und da ist es naheliegend, dass es Umweltfaktoren sind."
Soziale Isolation
Umweltfaktoren, wie Stress und/oder unser neuzeitliches Ernährungsverhalten mit viel Fast Food. Heilbar sind Morbus Chron und Colitis Ulcerosa nicht, aber - wenn rechtzeitig erkannt - gut mit sogenannten Biologika therapierbar. Aber da geht ja eben der Teufelskreis los, die Krankheit wird viel zu spät erkannt. Für 25 Prozent der Betroffen heißt das, soziale Isolation, zahlreiche Operation bis hin zum künstlichen Darmausgang.