Symbol der Demokratie und Freiheit

Polen: Drei Jahrzehnte Solidarnosc

Am Samstag vor 30 Jahren (14.8.) hat in Gdansk (Danzig) der erste erfolgreiche Aufstand gegen eine Ostblock-Diktatur begonnen. Der Streik in der damaligen Leninwerft breitete sich aus und zwang das Regime zu Zugeständnissen. Zugleich entstand die unabhängige Gewerkschaft "Solidarnosc", der zeitweise knapp zehn Millionen Polen angehörten.

Als Gewerkschaft wenig erfolgreich

Einer der damaligen Mitstreiter von Solidarnosc, Kazimierz Wóycicki, ist heute Publizist in Warschau. In den 1980er-Jahren arbeitete er zusammen mit Tadeusz Mazowiecki, dem späteren polnischen Ministerpräsident. Während des Kriegsrechts in Polen 1981/82 war Kazimierz Wóycicki wegen seines politischen Engagements interniert. Auf die Frage, was denn von der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc übriggeblieben sei, müsse man differenziert antworten, meint Kazimierz Wóycicki. Da gibt es zum einen Solidarnosc als registrierte Gewerkschaft. Diese hat aber nur mehr eine marginale Bedeutung. Überhaupt sind in Polen nur mehr 15 Prozent der Arbeiternehmer gewerkschaftlich organisiert, das ist einer der niedrigsten Werte in ganz Mittel- und Osteuropa.

Bedeutend als Symbol

Aber dann gibt es Solidarnosc als Symbol für Freiheit und Demokratie, so Wóycicki, und als solches sei Solidarnosc noch immer von enorm wichtiger Bedeutung - "eine Subsumierung der Entwicklung Polens nach dem zweiten Weltkrieg." Das sei nicht nur eine Geschichte der Revolten, sondern die Schöpfung der modernen offenen Gesellschaft, die um ihre Freiheit und Demokratie kämpfte, sagt Wóycicki. Und dessen sei sich auch die Jugend in Polen bewusst.

Heute stellt man sich aber immer mehr die Frage, was man von diesem Geist von Solidarnosc, von dem Kampf für Freiheit und Demokratie, im inzwischen freien und demokratischen Polen noch braucht. Wóycicki: "Solidarnosc symbolisiert eine gewisse Art von ziviler, bürgerlicher Haltung." Man brauche diese Beispiele, um die Demokratie heute zu stärken.

Wichtig für ganz Europa

Viele Repräsentanten der heutigen politischen Elite Polens stammen aus der Solidarnosc-Bewegung, z.B. Präsident Bronislaw Komorowski, oder auch der politisch umstrittene Jaroslaw Kaczynski. "Wir würdigen vielleicht aber nicht genug, all die abertausenden Mitkämpfer von Solidarnosc damals in der Provinz, die nicht berühmt wurden, ohne deren Einsatz aber die politische Wende nicht gelungen wäre", bemerkt Kazimierz Wóycicki. Wichtig seien Solidarnosc, oder Charta 77 oder andere Demokratiebewegungen im ehemaligen kommunistischen Ostblock aber nicht nur für die betroffenen Länder selber, sondern auch für Europa als Ganzes. Demokratie beruhe auf Individuen und Zivilcourage. Und es sei immer eine sehr wichtige Frage, wie sich eine Gesellschaft in der Zeit der Diktatur benommen hat. Und das erinnere daran, dass die Zivilbürger als Basis der Europäischen Integration enorm wichtig sind.

Werft als Denkmal

Dass die Leninwerft in Danzig, von der die Streikbewegung vor 30 Jahren ausging, heute vor dem wirtschaftlichen Aus steht, sei bedauerlich, meint Kazimierz Woycicki. Man solle aber auf keinen Fall versuchen mit historischen Argumenten etwas zu retten, was wirtschaftlich möglicherweise nicht zu retten ist. Viel wichtiger sei es, dass dort endlich ein Museum der Solidarnosc als Erinnerungsort errichtet werde.

Übersicht

  • Polen