Neues Buch von Erich Hackl

Familie Salzmann

Über die sogenannten dunklen Seiten der Geschichte, der österreichischen, spanischen und lateinamerikanischen Geschichte schreibt Erich Hackl. Es sind authentische Fälle, die seinen Büchern zugrunde liegen. "Erzählung aus unserer Mitte" heißt denn auch der Untertitel seines jüngsten Werks.

Kulturjournal, 23.08.2010

Erich Hackl im Gespräch mit

"Tot oder lebendig" stand auf dem Fahndungsplakat anno 1933. Es galt dem kommunistischen Widerstandskämpfer Hugo Salzmann, 30 Jahre alt, verheiratet mit Julianna und Vater eines einjährigen Sohnes. Julianna wurde im KZ Ravensbrück ermordet, Hugo hat Haft, Exil und Internierung überlebt. Davon und von den Ungeheuerlichkeiten, die ihm selbst passiert sind, hat der Sohn der beiden Erich Hackl erzählt.

Mittagsjournal, 23.08.2010

Antisemitisch motiviertes Mobbing

Es ist eine Geschichte von Verfolgung und Unrecht, und sie reicht bis in die Gegenwart. Da setzt auch die Erzählung von Erich Hackl an. Ein junger Mann, wird in den 1990er Jahren an seinem Arbeitsplatz - bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse - gemobbt, nachdem bekannt geworden war, dass seine Großmutter in einem KZ umgekommen ist.

Der junge Mann heißt Hanno Salzmann und ist der Enkel des kommunistischen Widerstandskämpfers Hugo Salzmann. Es war nicht zuletzt der jüdische Name, der zu einem antisemitisch motivierten Mobbing geführt habe, sagt Hackl, und er habe sich aufgemacht zu einer Spurensuche. Von Graz über Stainz, Bad Kreuznach in Deutschland, Paris und Ravensbrück bis nach Koblenz - Erich Hackl hat Archive und Bibliotheken durchforstet und Zeitzeugen befragt.

Mit den Lücken, mit dem, was sich nicht mit Fakten belegen lässt, geht er sehr vorsichtig um, immer wieder erzählt er im Konjunktiv und fügt hinzu: "vermutlich" oder "anzunehmen dass", weil er der "Methode des Dokumentarismus" misstraue, so Hackl. Weil etwas, das wo geschrieben stehe, deswegen nicht wahr sein müsse.

Unrecht erkennen und deuten

In dem Buch geht's nicht darum, Hugo Salzmann als Helden des Widerstands erstrahlen zu lassen, vielmehr werden die verschiedenen Facetten seiner Persönlichkeit gezeigt. Da wird nichts beschönigt - auch nicht die nachhaltigen Schäden in den sozialen Bindungen, die kaputte Vater-Sohn-Beziehung, die im letzten Drittel des Buches deutlich geschildert wird.

"Das herrschende Unrecht. Es erkennen und zu deuten wissen" - so beschreibt Erich Hackl die Mission von Hugo Salzmann und es könnte auch eine Aussage über sich selbst sein. Einmal mehr geht es Erich Hackl darum, gesellschaftliche Verhältnisse beim Namen zu nennen und Unrecht sichtbar zu machen. Er sieht es nicht als seine Aufgabe an, das schnörkellos Berichtete auszuschmücken und mit Bedeutungen auszupolstern. Erich Hackls Anliegen: Seinen Protagonisten "ein Gesicht, eine Gestalt, eine Geschichte zu verleihen".

Service

Erich Hackl, "Familie Salzmann. Erzählung aus unserer Mitte", Diogenes Verlag

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