Warnung vor Wahlkampfmunition

Moscheendebatte: Länder zurückhaltend

Langfristig in jeder Landeshauptstadt eine Moschee mit Minarett: das wünschte sich am Wochenende der Chef der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh; die erwartbaren wütenden Proteste von FPÖ und BZÖ waren die Folge. Die Bürgermeister der Landeshauptstädte reagieren jetzt zurückhaltend auf diesen Wunsch.

Mittagsjournal, 23.08.2010

Linz: Minarett nicht beantragt

Große Freude hat mit dem Interview von Anas Shakfeh wohl niemand - allen dürfte klar sein, dass das Thema sich gerade jetzt vorm Landtagswahlkampf in zwei großen Bundesländern prächtig zum Polarisieren und Stimmungmachen eignet. So warnt auch der Linzer Bürgermeister Franz Dobusch von der SPÖ davor, dass durch eine Forderung nach Minaretten eine gehässige politische Debatte hochgeschaukelt werden könnte.

Es gehe um qualitativ hochwertige Gebetshäuser für alle Religionen, Minarette seien dafür nicht unbedingt notwendig. In Linz gebe es Pläne eine Moschee zu erweitern, ohne dass von den Antragstellern ein Minarett vorgesehen sei. Die Aufforderung aus Wien sei daher nicht notwendig.

Graz: Gemeinsam agieren

Um Beruhigung ist auch der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl von der ÖVP bemüht. Auch in der steirischen Landeshauptstadt wird gerade eine Moschee gebaut, eingebettet neben Wohnungen und Geschäften. Die künftigen Projekte werden nach deutschem Vorbild gemeinsam mit den Antragstellern verwirklicht und ein gemeinsamer Architekturwettbewerb werde gestartet.

Wien: Al Rawi beruhigt

Omar Al Rawi ist Wiener Gemeinderat, gehört der SPÖ an und ist überdies Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Er bemüht sich um Beruhigung: Anas Shakfeh habe ja keineswegs eine aktuelle Forderung aufgestellt, sondern nur einen Wunsch für die fernere Zukunft skizziert. Grundsätzlich gehe es um einen würdevollen Rahmen auch für die muslimische Glaubensgemeinschaft: hinaus aus den Kellerlokalen und Hinterhöfe als Zeichen, dass die Muslime hier angekommen sind. Es gehe aber sicher nicht darum, neun Moscheen in neun Bundesländern zu errichten.

In Wien gebe es viele wenig sichtbare islamische Zentren mit wunderbarer würdiger Architektur im Inneren, fügt Al Rawi an.

Vier Minarette in Österreich

Minarette muss man in Österreich bislang mit der Lupe suchen: neben jenem an der großen schon dreißig Jahre alten Moschee am Wiener Hubertusdamm findet sich ein 15 Meter hohes Minarett in Telfs; ein Gebetshaus mit einem acht Meter hohen Minarett wurde im salzburgischen Saalfelden errichtet, und seit kurzem steht eine Moschee mit angedeuteten, von außen nicht sichtbaren gläsernen Minaretten in Bad Vöslau südlich von Wien.

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