Das Auto als Wahrnehmungsmaschine

Audi Urban Future Award

Wie wird die Mobilität in der Zukunft aussehen? Wird es noch Autos geben? Oder werden neue Technologien eine so hochgradige Vernetzung des Personentransports ermöglichen, dass der Individualverkehr überflüssig wird? Diese Fragen stellten sich einige der weltweit interessantesten Architektenteams, eingeladen zum Audi Urban Future Award, der gestern erstmals in Venedig vergeben wurde.

Der Preis ist gut platziert, kurz vor der Eröffnung der Architekturbiennale und ausgelobt von der Automobilfirma Audi. Zudem ist er auch gut dotiert, nämlich mit 100.000.- Euro.

Kultur Aktuell, 26.08.2010

Bewegliche Straßenbänder

Der radikalste Vorschlag für die Mobilität der Zukunft kommt aus Peking. Das ist auch kein Wunder, wachsen chinesische Städte doch in rasendem Tempo, während der Verkehr lahm gelegt wird. Erst kürzlich war von einem Stau zu hören, der hundert Kilometer lang ist und noch Wochen anhalten wird. So schlägt das Team Standardarchitecture aus Peking den autofreien Verkehr vor. Gelöst soll das durch Straßen werden, die sich wie Laufbänder bewegen, sodass sich die Menschen darauf zu Fuß frei bewegen, kommunizieren und einkaufen können. Für die Architekten wäre das ein viel glücklicheres und saubereres Leben.

Verstärkte Nahversorgung

Alison Brooks aus London regt an, die großen Städte kleinteiliger zu organisieren. Man müsse darauf achten, dass die Menschen ihre Bedürfnisse in einem relativ überschaubaren Radius befriedigen können. Alison Brooks setzt also auf die gute alte Nahversorgung.

Mehr Fahrräder

Bjarke Ingels, ein vielversprechender junger Architekt aus Kopenhagen, der erst 2004 bei der Biennale in Venedig mit dem goldenen Löwen ausgezeichnet wurde, präsentierte ein Netz von Kanälen, Radwegen und Parks, in dem sich die Menschen vor allem am Fahrrad fortbewegen. Straßen gibt es nur noch vereinzelt als Zubringer.

Keine Privatautos

Jürgen Mayer H. aus Berlin setzt auf den verstärkten Einsatz neuer Technologien. Mobilanbieter und Mobilitätsanbieter könnten stärker zusammenarbeiten, wie das heute schon bei Taxis passiert. "In unserer Spekulation heißt es auch", sagt Jürgen Mayer H., "dass in Innenstädten der Privatautobesitz kein Thema mehr sein wird."

Damit verschwinde auch der ruhende Verkehr in Form von Parkplätzen. Der Architekt spricht in dem Zusammenhang ganz ungerührt von "totem Kapital", sowohl was den öffentlichen Raum, als auch das Material des Autos als solchem betrifft. Dem setzt Mayer H. einen konstanten Fluss an Fahrzeugen entgegen, die in das System Stadt eingespeist werden und den jeweiligen Bedürfnissen angepasst sind.

And the winner is ...

Seiner autokritischen Haltung zum Trotz hat Jürgen Mayer H. den Audi Urban Future Award gewonnen. Diese autokritische Haltung der Architekten bedeutet aber noch lange nicht, dass Audi das computergesteuerte fahrerlose Auto, wie es derzeit schon im Labor steht, nicht auf den Markt bringen wird. Es wäre ja vielleicht auch im öffentlich vernetzten Verkehr von Nutzen.

Es ist jedenfalls ein mutiger Schritt von Audi, einen solchen Preis auszuloben und sich von Architekten einen Blick in die Zukunft des Autos entwerfen zu lassen.