Lange Themenliste für ÖBB-Aufsichtsrat

Verluste, Sparkurs, Politdebatte

Der Aufsichtsrat der ÖBB berät Donnerstagnachmittag über die Situation des Unternehmens. Diskutiert wird dabei über alle Problemfelder - von den drohenden Verlusten bis hin zu den politischen Zurufen. Es wird eine lange Diskussion erwartet.

Mittagsjournal, 09.09.2010

Verlust noch höher

Den Aufsichtsrat der ÖBB interessiert vor allem die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Und da sieht es derzeit gar nicht rosig aus. Für heuer erwartet das Unternehmen einen Verlust, der auf bisher auf rund 60 Millionen Euro geschätzt wurde. Doch nach jüngsten Berichten über hohe Verluste der ungarischen Güterverkehrs-Tochter Rail Cargo Hungaria, früher MAV Cargo, wird die Schätzung wohl nicht halten. Angeblich droht den ÖBB heuer insgesamt ein Verlust in dreistelliger Millionenhöhe.

Kein zusätzliches Staatsgeld

Befassen wird sich der Aufsichtsrat auch mit den Folgen der Nicht-Kapitalerhöhung. Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) hatte ja ursprünglich im Gegenzug für die Kapitalerhöhung beim Verbund auch eine Unterstützung für die ÖBB verlangt. Damit hat sie sich aber nicht durchgesetzt, die ÖBB bekommen vorerst kein zusätzliches Geld vom Staat.

Sparkurs

Ganz im Gegenteil, die ÖBB planen Einsparungen. So hat der neue ÖBB-Chef Christian Kern bereits angekündigt, dass die millionenschweren Kosten für Berater halbiert werden sollen. Gespart werden soll auch beim Personal. So sollen einerseits Schaffner, die in Pension gehen, nicht nachbesetzt werden. Bis zu 50 Jobs sollen so eingespart werden, dass bis zu 300 Jobs wackeln, dementiert die Bahn.

Widerstand gegen Mulllohnrunde

Andererseits will das Unternehmen bei den Lohnverhandlungen für die verbleibenden Mitarbeiter eine Nulllohnrunde durchsetzen. Das lehnt die Gewerkschaft jedoch ab, sie will zumindest für niedrigere Einkommen unter 4.100 Euro eine Abgeltung der Inflation in Höhe von mindestens 1,8 Prozent. Die Gewerkschaft hat die Lohnverhandlungen jedenfalls vorerst unterbrochen und hält ab 20. September Betriebsversammlungen zur Information der Mitarbeiter ab. Wie stark der Widerstand der Gewerkschaft auch gegen andere Einsparungen sein wird, wird sich noch zeigen.

Politdebatte

Beschäftigen will sich der Aufsichtsrat aber auch mit den diversen Zurufen seitens der Politik. Die ÖBB werfen insbesondere Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) vor, öffentlich mit falschen Zahlen zu arbeiten. Dieser wiederum kontert, er decke nur Missstände auf. Zuletzt hat sich auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter zu Wort gemeldet und Lopatka vorgeworfen, regelrechtes ÖBB-Bashing zu betreiben, indem er das Unternehmen ständig öffentlich schlecht mache. Und Infrastrukturministerin Doris Bures hat bereits mehrfach auch die Verantwortung des Eigentümers beim ÖVP-Koalitionspartner eingemahnt.

Alle diese Fragen werden die Aufsichtsräte am Donnerstag stundenlang beschäftigen, die Sitzung wird wohl erst am Abend zu Ende gehen.