"Mitwirkungspflicht" ist Grenzfall
Asylrecht: Höchstrichter warnt
Bei der geplanten "Mitwirkungspflicht" für Asylwerber bewege sich die Regierung an der Grenze dessen, was verfassungsrechtlich möglich ist. Das sagte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), Gerhart Holzinger in der ORF-Pressestunde.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 01.09.2010
Besondere "Sensibilität"
Bei der geplanten "Mitwirkungspflicht" müssen die Asylwerber die ersten sieben Tage nach der Ankunft im Lager bleiben - ansonsten drohen Sanktionen bis hin zur Haft. Derartige Eingriffe in die persönlich Freiheit müssten mit besonderer Sensibilität geregelt werden, sagt VfGH-Präsident Gehart Holzinger. Eine verfassungskonforme "Konstruktion" sei aber möglich, so Holzinger.
Schule: Doppelgleisigkeiten abbauen
Beim Thema Schulverwaltung wünscht sich der VfGH-Präsident, dass Doppelgleisigkeiten abgebaut werden. Dabei sei es nicht so wichtig, ob die Verwaltung in Zukunft bei den Ländern liegt, wie das zuletzt der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) vorgeschlagen hat, oder beim Bund, wie das Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) will. Wichtig sei jetzt aber, dass Bund und Länder endlich gemeinsam die nötigen Entscheidungen treffen. Holzinger ruft dazu auf, "endlich aufzuhören mit Arbeitsgruppen, Komissionen, Entwürfe ausarbeiten, sondern der Mut zur politischen Tat ist gefragt." Eine Lösung in dieser Frage könne aber nur zustande kommen, wenn sich Regierung und Landeshauptleute so lange zusammensetzen, bis weißer Rauch aufsteigt.
"An Verfassung halten!"
Beim Thema Budget erneuert der VfGH-Präsident seine Kritik an der Bundesregierung. Finanzminister Pröll will das Budget ja erst Anfang Dezember vorlegen, in der Verfassung steht aber, das müsse spätestens zehn Wochen vor Jahresende geschehen. Holzinger mahnt, "dass alle, im besonderen diejenigen, die im Staat politische Verantwortung tragen, sich an die Verfassung halten." Das Wort Verfassungsbruch will Holzinger dennoch nicht in den Mund nehmen.