Gegen Sparpaket Camerons
Gewerkschaft sagt Kampf an
Die britischen Gewerkschaften sagen Premierminister David Cameron den Kampf an. Camerons Regierung will bis in fünf Jahren nahezu das gesamte Defizit abbauen, im öffentlichen Sektor könnten bis zu 600.000 Stellen wegfallen. Die Gewerkschaften wollen sich das nicht gefallen lassen, sie rufen zu Streiks auf.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 14.09.2010
Alter Kampf lebt wieder auf
Die Gewerkschaften und die Konservative Partei in Großbritannien haben eine lange, teils hasserfüllte gemeinsame Vergangenheit. Unvergessen sind die Streiks der Minenarbeiter oder die blutigen Ausschreitungen gegen die von Margareth Thatcher geplante "Poll Tax"“. Jetzt könnte der alte Arbeitskampf wieder aufleben: Zum ersten Mal seit 13 Jahren findet der Kongress des Gewerkschaftsdachverbands ohne die markigen Worte eines Labour-Premierministers statt. Die Konservativen mit David Cameron sind an der Macht, Cameron zieht es vor, die Gewerkschaftsbosse auf ihrem Kongress allein zu lassen. Die Stimmung ist wegen des drohenden Sparprogramms sehr gereizt.
"Arbeitskampf unvermeidbar"
Mit überwältigender Mehrheit stimmen die Gewerkschafter für Streiks um die Sparpläne der Regierung zu verhindern. Es hat schon lange nicht mehr einen Kongress mit derart drohender Rhetorik gegeben, das alte Schlagwort Arbeitskampf wird abgestaubt und in beinahe jeder Rede der Gewerkschaftsbosse eingebaut, selbst der sonst sehr gemäßigte Chef der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, Mark Serwotka, sagt, der Arbeitskampf sei unvermeidbar.
Zweifel an Finanzmisere
Hunderttausende öffentliche Bedienstete werden in den nächsten Jahren auf der Straße landen. Brendan Barber, Chef des Gewerkschaftsdachverbands, wirft David Camerons Regierung ideologische Gründe vor. Er glaubt nicht, dass die Staatsfinanzen in einem so schlechten Zustand sind. Durch die Kürzungen würde Großbritannien würde zu einem dunkleren, brutaleren Ort.
"Aufstehen und kämpfen"
Bob Crow, der Generalsekretär der Verkehrsgewerkschaft, der gerade den U-Bahn-Streik in London letzte Woche durchgeführt hatte, sagt, wenn Jobs auf dem Spiel stehen, gebe es zwei Möglichkeiten, nichts zu tun oder aufstehen und zu kämpfen. Crow lässt keinen Zweifel daran, welche Option für ihn die richtige ist: Er kündigt mächtige und sehr effiziente Aktionen an. Ziel sei es die breite Öffentlichkeit gegen die Regierungspläne aufzubringen.
Ungemütlicher Winter für Cameron
Der liberaldemokratische Wirtschaftsminister Vince Cable sagt, die Gewerkschaften müssen die ökonomische Realität akzeptieren, man kürze nicht weil man das gern tue, sondern weil es eine Notwenigkeit sei. Cable bietet den Gewerkschaften Gespräche an, aber Drohungen würden nichts bringen. Einen sogenannten "Winter of Discontent", einen Winter der Unzufriedenheit mit ausgedehnten Streiks wie Ende der 70er Jahre muss die britische Regierung noch nicht fürchten, aber unbequem wird es für David Cameron allemal, er muss eine Koalition mit den Liberaldemokraten zusammenhalten.