Bildungsstandards für die Kantone

Schulsystem wird harmonisiert

In der Schweiz liegt seit Gründung der Eidgenossenschaft im Jahr 1848 die Schulhoheit bei den Kantonen. Was dazu führte, dass in den Kantonen unterschiedliche Bildungssysteme existieren. Dieses Nebeneinander wurde schließlich so kompliziert, dass die Kantone nun die Gegenrichtung einschlagen. Seit gut einem Jahr wird versucht, das Schulsystem zu harmonisieren.

Morgenjournal, 15.09.2010

Volksschule unterschiedlich lang

26 Kantone und ebenso viele Schulsysteme - so föderalistisch präsentiert sich die eidgenössische Bildungslandschaft. So dauert etwa die Volksschule je nach Kanton unterschiedlich viele Jahre lang, der Fremdsprachenunterricht wird verschieden gehandhabt. Was zur Folge hat, dass Familien mit schulpflichtigen Kindern nur schwer von einem Kanton in den anderen umziehen können und für Anbieter von Lehrstellen die Abschlusszeugnisse von Schülern kaum vergleichbar sind.

"Konkordat" zur Vereinheitlichung

Diesem Wildwuchs an Bildungssystemen soll das Projekt "Harmos" ein Ende setzen. Dieses "Konkordat" zwischen den Kantonen vereinheitlicht die Dauer und die Lernziele der kantonalen Bildungsstufen. So sind zwei obligatorische Kindergartenjahre vorgesehen, die Volksschule dauert überall sechs Jahre lang und die darauffolgende Sekundarschule drei Jahre. Erstmals überhaupt in der Schweizer Geschichte werden zudem für das ganze Land einheitliche Bildungsstandards in Kernbereichen wie Mathematik oder Fremdsprachen definiert. So soll das Bildungssystem insgesamt an Qualität gewinnen. Die Schulhoheit wird jedoch nicht zentralisiert. Sie bleibt bei den Kantonen und Gemeinden, die sich allerdings verpflichten, die wichtigsten Eckbereiche der Pflichtschule anzugleichen.

Per Volksentscheid

Der Beitritt der Kantone zum "Harmos-Konkordat" ist freiwillig, die Bevölkerung entscheidet jeweils an der Urne. 13 der 26 Kantone haben das "Harmos"-Projekt bisher ratifiziert, sieben haben es abgelehnt. Vor allem die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei macht gegen die Harmonisierung der Bildungssysteme mobil. Sie kritisiert unter anderem den verpflichtenden Kindergarteneintritt mit vier Jahren. So würden die Eltern entmündigt, findet die SVP.

Dennoch Zwang möglich

Bis 2015 haben die Kantone, die Harmos beigetreten sind, Zeit, ihre Schulsysteme anzupassen. Jene Kantone, die sich längerfristig weigern, gewisse Bildungsziele und Strukturen zu vereinheitlichen, könnten vom Bund dazu gezwungen werden. Denn seit 2006 sieht auch die Schweizer Verfassung vor, dass die wichtigsten Bereiche der kantonalen Bildungssysteme vereinheitlicht werden müssen. Die Schweizer Bevölkerung hat dies in einer Volksabstimmung mit knapp 90 Prozent Ja-Stimmen verlangt.