Takashi Murakamis Skulpturen verunsichern
Aufregung um Kunst in Versailles
Das altehrwürdige Schloss von Versailles öffnet sich dieser Tage bereits zum dritten Mal im Lauf der letzten Jahre der zeitgenössischen Kunst. Zuletzt durfte Jeff Koons dort vor zwei Jahren seine Werke in den Gold verzierten, prunkvollen Gemächern aus dem 17. Jahrhundert installieren, heuer ist es der 48-jährige Japaner Takashi Murakami.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 16.09.2010
Wie schon bei Jeff Koons gibt es auch diesmal Proteste gegen die Ausstellung von 22 zum Teil monumentalen zeitgenössischen Werken des Japaners, der von machen schon als der neue Andy Warhol gefeiert wird.
Buddhastatue mit Haifischzähnen
Im Park steht eine sechs Meter hohe, gold glänzende Buddhastatue mit Haifischzähnen, vor dem legendären Spiegelsaal eine vollbusige Blondine im Minikleid, Miss Ko - im Inneren des Saals ein riesiger, sehr grell-bunter Blumenstrauß mit Blumengesichtern, im Krönungssaal, sozusagen im Herzen der absolutistischen Macht, eine kindliche Manga Figur, ein Werk, das "Des Königs neue Kleider" heißt, mit einer winzigen Krone und einer Babyunterhose versehen.
Gleich zwei Petitionen haben die Gegner dieser Art von Ausstellungen diesmal veröffentlicht und ungefähr 10.000 Unterzeichner gefunden. Am Tag der Vernissage polterten sie: "Das passt doch überhaupt nicht zum Schloss. Im Spiegelsaal eine enorme Vase mit einem Haufen Farben - schrecklich. Ludwig XIV. hatte hier an jedes Detail gedacht, an jede Perspektive, man hat nicht das Recht, all das zu sprengen, mit nicht identifizierten Objekten."
Nicht Künstler, sondern Geschäftsmann?
Der Direktor des Schlosses von Versailles und frühere Kulturminister, Aillagon hält dagegen: "Eines der Postulate von 50 Jahren Kulturpolitik in unserem Land ist, dass man dem Publikum zu verstehen gibt, dass es zwischen historischen Kunstwerken und Kunstwerken der heutigen Zeit Beziehungen gibt, dass sich die Künstler aller Epochen mehr oder weniger dieselben Fragen stellten und dass dies alles im Grunde gar nicht so verschieden ist."
Murakami wird von französischen Kritikern auch vorgeworfen, er sei kein Künstler mehr, sondern in erster Linie ein versierter Geschäftsmann und Großunternehmer, dem das Schloss zu Versailles nun eine kostenlose Werbefläche biete.
Versailles braucht die Künstler
Jean Jacques Aillagon kontert: "Murakami mag hundert Angestellte haben, aber das traf auch für Rubens oder van Eyck schon zu, die ihre Werkstätten hatten oder Tizian, der für ganz Europa arbeitete."
"Versailles ist seit Ludwig XIV ein Ort der Feste, wo die bekanntesten Künstler ausgestellt haben", betont der für den Schlosspark verantwortliche Direktor. "Der König liebte die Künstler und wollte sie bekannt machen. Und die Künstler heutzutage brauchen Orte wie Versailles ebenso, wie Versailles die Künstler braucht."
Kritik an der Konsumgesellschaft
Murakami jedenfalls gab sich bei der Präsentation seiner 22 Werke - ein Drittel davon extra für die Ausstellung geschaffen - betont gelassen, so als verstehe er die Aufregung nicht und gab ganz nebenbei zu bedenken, dass seine Kunst nur auf den ersten Blick fröhlich sei, weil farbenfroh, dahinter stecke eine Kritik an der Konsumgesellschaft und am Verlust traditioneller Werte.