Interventionen verpuffen

Starker Franken: Sorge um Arbeitsplätze

Die Schweizer Wirtschaft hat die Rezession besser bewältigt andere. Anleger flüchten in den Schweizerfranken und treiben damit den Kurs in die Höhe. Nun leiden viele Betriebe unter dem harten Franken. Und die Gewerkschaften fordern von der Politik, gegen den Franken-Höhenflug zu intervenieren. Andernfalls drohe der Verlust von Arbeitsplätzen.

Morgenjournal, 16.09.2010

Anstieg um 20 Prozent

Der Wert des Schweizerfrankens scheint keine Obergrenze mehr zu kennen. Seit Jahresbeginn ist er gegenüber dem Euro um 14 Prozent gestiegen. Wurde ein Euro Anfang des Jahres noch um 1,50 Franken gehandelt, taucht er jetzt regelmäßig unter die 1,30 Marke. In den letzten drei Jahren hat der Franken im Vergleich zum Euro gar um mehr als 20 Prozent zugelegt. Eine harte Nuss für die helvetische Exportwirtschaft, die mehr als die Hälfte ihres Geschäfts im Euro-Raum macht. Nun sind dort die Schweizer Waren teurer.

Sorge um Arbeitsplätze

Besonders das rasche Tempo der Franken-Aufwertung mache den Unternehmen zu schaffen, sagt Johann Schneider-Ammann, Präsident des Schweizer Maschinen- und Metallindustrieverbandes. Das könne man in der Industrie nicht im gleichen Zeitraum wettmachen. Konjunkturexperten warnen, dass die schockartige Franken-Aufwertung den Wirtschaftsaufschwung bremsen könnte. Dem wollen die Arbeitnehmervertreter nicht mehr länger zusehen. Bleibe der Franken so stark, müssten viele Unternehmen schließen oder die Produktion ins Ausland verlagern.

Gewerkschaft für Spekulantensteuer

Deshalb müssten der Bund und die Nationalbank gegensteuern, verlangt der Chefökonom des Gewerkschaftsbunds, Daniel Lampart: "Wir sind in einer absoluten Notsituation." Wenn der politische Wille vorhanden wäre, könnte man die Stärke des Frankens bekämpfen, so Lampart. "Es darf nicht sein, dass die Spekulanten auf Kosten der Arbeitnehmer in der Schweiz Gewinne machen." Konkret verlangen die Gewerkschafter die Einführung einer Transaktionssteuer, um kurzfristige Devisenspekulationen zu bremsen. Zudem solle die Nationalbank mit Deviseninterventionen den Euro stärken und den Franken schwächen. So könne der Aufwärtstrend gebrochen werden, sind die Gewerkschafter überzeugt.

Interventionen verpuffen

Das sieht Janwillem Acket, Chefökonom von der Bank Julius Bär, anders. Seiner Meinung nach würde eine Wechselkursintervention an den Märkten eher wirkungslos bleiben: "Der Zug in den Franken wird damit nicht abgewürgt, sondern eventuell noch weiter angestachelt." Deshalb haben die Schweizer Währungshüter, die lange versucht hatten, den Franken zu schwächen, damit aufgehört. Die Nationalbank hatte von Anfang 2009 bis Mitte 2010 mehr als 100 Milliarden Euro aufgekauft und Franken abgestoßen. Mit dem Ergebnis, dass dieser trotzdem stärker wurde, die Nationalbank aber inzwischen auf einem Berg von Euro sitzt und damit Wechselkursverluste in Milliardenhöhe eingefahren hat.

Kostenfalle Frankenkredite

Der Franken dürfte unterdessen weiter stark bleiben, zumindest so lange, bis sich die Konjunkturaussichten im Euro-Raum wieder aufhellen. Bis dahin müssen nicht nur die Schweizer Exporteure den Gürtel enger schnallen, sondern auch die vielen Frankenkreditnehmer im Ausland. Unter anderem müssen auch die österreichischen Häuslebauer mit Frankenkrediten zurzeit sehr tief in die Tasche greifen.