Historisches, aber zwiespältiges Ereignis

Kühler Empfang für den Papst

In Großbritannien wird päpstliche Geschichte geschrieben. Königin Elisabeth II empfängt Benedikt XVI in ihrer schottischen Residenz Holyrood House zu einem Staatsempfang. Es ist das erste Mal seit 500 Jahren, dass ein Papst zu so einem Anlass einen Fuß auf die Insel setzt. Die Briten stehen dem Katholizismus im allgemeinen und Benedikt XVI im besonderen sehr skeptisch gegenüber.

Mittagsjournal, 16.09.2010

Traditionelle Ablehnung

Bereits König Heinrich VIII kehrte Rom im 16. Jahrhundert den Rücken und gründete seine eigene englische Staatskirche. Und heutzutage überschatten die jüngsten Missbrauchsskandale und die erzkonservative Einstellung des Heiligen Stuhls zu Fragen wie Zölibat, Homosexualität und Frauen in der Kirche überschatten den Besuch. Die Mehrheit der Briten macht keinen Hehl daraus, dass sie mit diesem Papst nichts anfangen kann, eine breite Front an Gegnern hat Proteste angekündigt.

Ärger über Kosten

Die Reise des Papstes nach Großbritannien ist historisch, für den Großteil der Inselbewohner aber noch lange kein Grund sich darüber zu freuen. Die mehrheitlich protestantischen Briten reagieren auf den Besuch gleichgültig bis abweisend, Benedikt XVI ist für sie eine Persönlichkeit mit weltfremden Ansichten. Besonders sauer stoßen die hohen Kosten von bis zu 14 Millionen Euro für den Staatsbesuch auf, die britischen Steuerzahler sehen nicht ein, warum die katholische Kirche den Besuch nicht zur Gänze selbst finanziert.

Kein Massenereignis

Der Papst weckt zwar auch Neugier unter manchen Nicht Katholiken, sie würden ihn gerne einmal persönlich sehen. Aber die hohen Eintrittspreise von bis zu 30 Euro für die Papstveranstaltungen halten aber viele davon ab. Nachdem der Kartenverkauf – wegen organisatorischer Probleme wie es heißt – schleppend verlaufen ist, haben die Veranstalter die erwarteten Besucherzahlen nach unten korrigiert. Der Papstbesuch wird kein Massenereignis, zieht aber viele Vatikan Gegner an. Unterschiedliche Gruppen wollen am Samstag in London gegen Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche und den Verstoß des Vatikans „gegen liberale britische Werte“ auf die Straße gehen. Darunter sind auch katholische Gläubige, die sich für die Priesterweihe für Frauen einsetzen.

Demonstrationen und Aktionen

Dorothea McEwan demonstriert jede Woche mit ihrer Frauengruppe vor der Kathedrale in Westminster, sie wünscht sich einen offenen Dialog mit dem Heiligen Vater. Ein massives Sicherheitsaufgebot soll Störungen der päpstlichen Visite verhindern, Andrew Copson, Sprecher der Aktionsgruppe „Protest the Pope“ sagt man habe nicht vor, Unruhe zu stiften: "Wir wollen stattdessen auf unsere Kritikpunkte aufmerksam machen, die Öffentlichkeit über die Politik des Heiligen Stuhls informieren, den Umgang von Frauen, Kindern und Homosexuellen in der katholischen Kirche. Den Besuch selbst wollen wir nicht stören."

Irritationen um Berater-Aussage

Irritationen gibt es schon vor dem Besuch: Ein Berater von Benedikt XVI soll kurzfristig seine Teilnahme abgesagt haben. In einem Interview mit einer deutschen Zeitschrift hatte Kardinal Walter Kasper auf die Frage, warum so viele Briten Unmut über den Papst äußerten, geantwortet: "England ist heute ein säkularisiertes, pluralistisches Land. Wenn Sie am Flughafen Heathrow landen, denken Sie manchmal, Sie wären in einem Land der Dritten Welt gelandet.” Erzbischof Vincent Nichols der römisch katholische Primas von England und Wales, hält diese Aussage für unerklärlich: "Ich bin mir sicher, wenn der Papst am Samstag durch London fährt, wird er von Menschen verschiedener Kulturen und Religionen begrüßt." Die Gläubigen hoffen, dass die Kameras das Bild eines demütigen Vertreter Gottes einfangen, der seine Kirche mit den anglikanischen Brüdern versöhnen will.