Selbstmordversuche kaum bekannt

Scharfe Kritik an Schubhaftpraxis

Fünf Flüchtlingsorganisationen üben in einem Bericht an die UNO scharfe Kritik an der Schubhaftpraxis in Österreich. Die Bedingungen seien nach wie vor schlimmer als in der Strafhaft. Selbstmorde und vor allem Selbstmordversuche von Schubhäftlingen kämen öfters vor, würden aber kaum bekannt.

Abendjournal, 16.09.2010

Immer mehr Schubhäftlinge

Die Zahl der Schubhäftlinge ist im ersten Halbjahr um 38 Prozent gestiegen, dabei gebe es bei den Asylsuchenden einen Rückgang um 32 Prozent, kritisieren evangelische Diakonie, Volkshilfe und Asylkoordination.

Für die Situation in der Schubhaft nennt Diakonie-Direktor Michael Chalupka zwei vom unabhängigen Verwaltungssenat für rechtswidrig erklärte Vorfälle. Eine Mutter wurde weger psychischer Erkrankung in ein Krankenhaus gebracht, der Vater mit drei Kinder in Schubhaft gesteckt. Ein tschetschenischer Flüchtling, der sich in seiner Verzweiflung die Pulsadern aufgeschnitten hatte, wurde noch in der Zelle mit Elektroschocker niedergestreckt - die Amtsärztin erklärte ihn am nächsten Tag für haftfähig.

Eingesperrt ohne Beratung

Überhaupt sei medizinische Versorgung in Schubhaft immer noch katastrophal, die Sozialberatung abgeschafft und Rechtsberatung nur auf Ansuchen möglich. Manche Schubhäftlinge seien nach wie vor 23 Stunden am Tag in Zellen eingesperrt. Selbstmorde und Selbstmordversuche verzweifelter Asylwerber würden kaum bekannt, weil unabhängige Flüchtlingsorganisationen praktisch keinen Zugang mehr in die Schubhaft bekämen.

Selbstmordversuche nicht erfasst

Aus dem Innenministerium heißt es, es sei viel in die Verbesserung der Schubhaft-Situation investiert worden, in Vordernberg ist ein Schubhaftzentrum geplant, Fertigstellung voraussichtlich in zwei Jahren.

Laut dem Menschenrechtsbeirat des Ministeriums wurden zuletzt jährlich zwischen 0 und drei Selbstmorde in Schubhaft erfasst. Die Zahl der Selbstmordversuche werde nicht erhoben, sie seien zu schwer zu unterscheiden von Selbst-Verletzungen, durch die verzweifelte Asylwerber versuchen, eine Abschiebung zu verhindern.