Verschiedene Begriffsdefinitionen

Heimat im Museum

Kärnten und Heimat sind zwei Begriffe, die man heute fast nicht mehr ohne Probleme in den Mund nehmen kann: Zum einen werden sie von der Politik immer wieder vereinnahmt, zum anderen ist das Bild dieses Bundeslandes im In- und Ausland vielfältig belastet.

Kulturjournal, 23.09.2010

Kritische Auseinandersetzung mit Heimat

Eine Ausstellung im Vorfeld des 90-Jahr-Jubiläums des 10. Oktober 1920 hat es also alles andere als leicht, es "richtig" zu machen. "Heimat/Domovina", der Titel dieser Ausstellung, ist bewusst zweisprachig gewählt und versucht, einen subtileren dritten Weg zu gehen - einen Weg jenseits von Eindeutigkeiten, jenseits von vordergründig politischer Kunst.

Dass die eingeladenen Künstler ein sehr kritisches Verhältnis zu Kärnten und Heimat haben, ist, wie bei Cornelius Kolig, hinlänglich bekannt. Interessant ist, welche Arbeiten in der Ausstellung zu sehen sind.

"Urlaub bei Freunden"

Jochen Traar zum Beispiel hat ein Pensionszimmer aus den 1960er Jahren im Museum aufgestellt. Übernachtung ist möglich. Er erinnert damit an die Frühzeit des Tourismus in Kärnten, in der die Fremden noch in den eigenen vier Wänden untergebracht wurden. Der bekannte Werbeslogan "Urlaub bei Freunden" bekommt somit einen neuen Sinn.

Heimat gibt es nicht mehr lange

Heimat ist ein Thema, mit dem sich Jochen Traar, geboren in Essen und aufgewachsen am Klopeiner See, immer wieder kritisch beschäftigt hat: "Für mich ist Heimat wie ein Luftballon - ein Klischee, ein dehnbarer Begriff. Jeder hat seinen eigenen Heimatbegriff, füllt ihn auf mit persönlichen, soziologischen Dingen und Prägungen. Dann gibt es noch den politischen Heimatbegriff - man versuchte, alle diese Heimatbegriffe zu einem zusammenzufassen. Ich glaube, der Heimatbegriff löst sich bald auf."

Keine gewollte Provokation

Verstörende Bilder zeigt Ines Doujak: "Radischa" ist eine Serie von Fotos eines Mannes, der gestikuliert. Auf den zweiten Blick fallen der alte Pelz im Hintergrund und das Hakenkreuz auf dem Poncho des Mannes auf. Auch das ist Heimat.

Als Provokation ist diese Ausstellung jedoch nicht gedacht. Christine Wetzlinger-Grundnig, Direktorin des MMKK, sagt: "Diese Ausstellung soll viel mehr Möglichkeiten aufzeigen, Diskussionsstoffe liefern, etwas Verbindendes herstellen, den Blickwinkel erweitern und keine Provokation darstellen."

Schmelztiegel der Sprachen

Nur auf den ersten Blick unpolitisch ist die "Kärntner Mischung" von Meina Schellander. Sie mischt eine Toncollage mit einer Installation aus Brettern und einem gemalten Bild. Es entsteht ganz bewusst auch eine Mischung der beiden Kärntner Landessprachen.

Ausgangspunkt sind zwei Kärntner Lieder. Einzelne Worte auf Deutsch und Slowenisch finden sich bunt vermischt auf den Brettern und auch im Bild wieder. Heimat definiert Meina Schellander hauptsächlich über die Sprache, also die beiden Landessprachen.

Die Künstlerin lebt seit mehr als 40 Jahren nicht mehr in Kärnten. "Die Berge habe ich aber immer noch in mir", sagt Meina Schellander, "Heimat ist aber nicht nur positiv besetzt, besonders hier, wo man glaubt, man muss sich dauernd um die Heimat kümmern und darf sie sich nicht einfach wegnehmen lassen von einer Partie ... alles andere lasse ich offen, das weiß sowieso jeder."

Heimat im Gepäck

"Ich trage meine Heimat mit mir wie einen alten Koffer", sagt der "heimatzornige Patriot" Reimo Wukounig. Sein Blick von außen ist immer wieder schonungslos, aber auch immer wieder voll Sehnsucht und auch Trauer.

"Für viele Dinge reicht die Sprache der Kunst nicht aus. Dann ist man wieder sprachlos, so geht es mir manchmal mit einer Kulturpolitik, die von völlig falschen Menschen, die keine Neigung dazu haben, gemacht wird, und die Künstler damit vertreiben. Davon möchte ich mit meiner Arbeit Zeugnis ablegen", sagt Wukounig.

Seine Installation "Tragbare Heimat" besteht aus einer grünbemalten Arbeitsplatte des Künstlers, einer Orgelpfeife und der Fotografie eines nackten Heimzöglings. Die grüne Wiese der Kindheit, die katholische Kirche und die ewige Erinnerung an das eigene Leiden werden sichtbar.

"Man kehrt immer wieder in die Heimat zurück. Heimat ist Geruch, sind alte Lieder, mehrstimmige und mehrsprachige Lieder, sie ist sehr stark mit Sehnsucht verbunden", so der Künstler.

Heimat bei sich selbst

Die Vergangenheit, ein altes Foto ihres Vaters vom Wolayersee, war der Ausgangspunkt für Inge Vavra. Auf sein Foto folgte ihr Foto, folgte ihre Zeichnung, folgte ihr weißer Strich auf einer Straße.

Am Ende der Spurensuche zum Thema Heimat stand die Befreiung, das Loslassen, der Aufbruch zu neuen Ufern. Inge Vavra hat den Pinsel mit der weißen Farbe im Bach ausgewaschen und sich gefreut: "Heimat könnte ich eigentlich nur als bei mir Sein bezeichnen - einen Ort zu finden, von dem aus ich die Welt betrachten kann und von dem aus ich auch mit ihr umgehen kann."

Cornelius Kolig geht ganz anders mit der Welt, die ihn umgibt, und mit der schwierigen Heimat Kärnten um: "Milchspeise - Leibspeise" nennt er seine Arbeit, denn seine Heimat sei sein Körper. Er zeigt im Gegensatz zu den meisten anderen Künstlern Arbeiten mit einem eindeutigen und vordergründigen Kärntenbezug.

Ein Besuch lohnt sich

Es lohnt sich, genau hinzuschauen, sich auf diesen dritten, subtilen Weg der Auseinandersetzung mit Heimat, mit Kärnten einzulassen. Es gilt Einiges zu entdecken. Die Ausstellung Heimat/Domovina ist noch bis 28. November im Museum Moderner Kunst Kärnten in Klagenfurt zu sehen.

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MMKK - Heimat