aus der Reihe "Push and Pull"

Die Geschichte der Sexualität

"Push and Pull" lautet das Motto einer Performance-Reihe und eines Ausstellungsprojektes, das Tanzquartier Wien und MUMOK gemeinsam veranstalten. Den Anfang macht eine Performance-Oper mit dem Titel "The History of Sexuality".

Kulturjournal, 30.09.2010

Wie bringt man Philosophie auf die Bühne? Der US-amerikanische Autor und Filmemacher Gregg Bordowitz und sein Künstlerkollege Paul Chan versuchen es mit einer Oper. Michel Foucault, um dessen Ideen es geht, ist der Star in diesem Werk. Der große Philosoph begegnet Sigmund Freud, dem er einiges entgegenzusetzen hat, einem Papst, einem bedrohlich wie sexy aussehenden Polizisten und einem Studenten, der die Liebe verkörpert.

Kampf gegen Aids

Es geht um Sexualität als Diskurs und als gesellschaftlicher Kontrollmechanismus, eines der großen Themen Foucaults. Man muss nicht gleich sein dreiteiliges Werk "Sexualität und Wahrheit" gelesen haben, Gregg Bordowitz' einleitende Worte im Programmheft reichen, um folgen zu können. Foucault, der sich vor dem Hintergrund seiner Erkenntnisse für Gefangene einsetzte und Aids-Aktivist war, habe ihn schon in den 1980er Jahren beeindruckt, sagt Bordowitz. Der Filmemacher ist selbst an HIV erkrankt und aktiv im Kampf gegen die Krankheit.

"Foucaults Schriften halfen uns zu erkennen, dass wir als HIV-Infizierte selbst politisch aktiv werden und uns Gehör verschaffen mussten. Als die Krankheit in den USA noch relativ neu war, wurden die Betroffenen in der öffentlichen Diskussion ignoriert."

Foucault contra Freud

Seine wegweisende Theorie der Selbstemanzipation muss Foucault auch auf der Bühne gegen seine Gegner verteidigen. Didi Bruckmayr, österreichscher Popexzentriker und Performancekünstler, verkörpert den Philosophen, die Künstlerin Mara Mattuschka den Psychoanalytiker Freud mit aufgeklebtem Bart.

Performance erscheint oft als geeigneter Weg, um theoretische oder wenig greifbare Ideen auf die Bühne zu bringen. Zur Erforschung dieses Mediums soll auch die Performance-Reihe "Push and Pull" dienen. Nicht umsonst wählte man auch die gleichnamige performative Installation von Allan Kaprow, der neben Yves Klein oder Joseph Beuys als einer der Wegbereiter dieser Form der Aktionskunst gilt.

In "Push and Pull: A Furniture Comedy for Hans Hofmann" gestaltete Kaprow zwei möblierte Räume und lud die Besucher ein, diese ständig neu zu arrangieren. Die Installation befindet sich heute in der Sammlung des MUMOK und wird in einer der gezeigten Performances eine zentrale Rolle spielen. Kaprows Idee des steten Wandels und Umschlags sei auch der Ausgangspunkt für die Performance-Reihe "Push and Pull" gewesen, erklärt Sandra Noeth, eine der Kuratorinnen und Chefdramaturgin des Tanzquartiers.

Film am Samstag

Ein weiterer Kooperationspartner der Reihe "Push and Pull" ist das Tate Modern in London - hier wird die Serie im kommenden Jahr fortgesetzt. Den Anfang machen am 1. Oktober 2010 Gregg Bordowitz und Paul Chan in der Halle G des Museumsquartiers. Am 2. Oktober zeigt das Tanzquartier auch Bordowitz' Film "Fast Trip Long Drop", eine autobiografische Dokumentation, in der sich der Künstler mit seiner HIV-Infektion auseinandersetzt.

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MUMOK - Push and Pull