Rouseff verfehlt absolute Mehrheit

Brasilien: Präsidenten-Stichwahl

Bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien hat die Kandidatin Dilma Rousseff nicht die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang erzielen können, wie viele Umfragen vorausgesagt hatten. Damit wird es eine Stichwahl am 31. Oktober zwischen Dilma Rousseff und dem konservativen Kandidaten José Serra geben.

Morgenjournal, 04.10.2010

Enttäuschung bei Favoriten

Brasilien entscheidet erst am 31. Oktober über die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva. Seine Favoritin und Ex-Kabinettschefin Dilma Rousseff erhielt zwar am Sonntag (Ortszeit) bei der Präsidentschaftswahl die meisten Stimmen, verpasste aber die für einen Sieg im ersten Wahlgang erforderliche Mehrheit von über 50 Prozent. Sie muss sich in vier Wochen dem Oppositionsführer Jose Serra in der Stichwahl stellen. Für Lula und Rousseff war das Ergebnis ein deutlicher Dämpfer.

Grüne mit größtem Gewinn

Nach Auszählung fast aller Stimmen lag die linke Regierungskandidatin bei 46,52 Prozent. Auf ihren Herausforderer, den Ex-Gouverneur von Sao Paulo, Serra, entfielen 32,78 Prozent. Als eigentliche Gewinnerin der Wahl galt die grüne Ex-Umweltministerin Marina Silva, die ihren Stimmenanteil im Vergleich zu vorherigen Umfragen auf 19,56 Prozent nahezu verdoppeln konnte. In den kommenden Wochen wird es entscheidend davon abhängen, ob und welchen Kandidaten sie und ihre Partei im Wahlkampf unterstützen.

Amtswechsel zu Jahresende

Die Grünen-Politikerin war 2008 als Ministerin aus Enttäuschung über die Umweltpolitik Lulas aus der Regierung ausgetreten. Lula durfte am Sonntag nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten und übergibt seinem Nachfolger am 1. Jänner 2011 das Amt. Umfragen hatten Lulas Parteigenossin Rousseff zuletzt stets über 50 Prozent gesehen.

Schaden durch Skandal

Allerdings könnte ihrem Ansehen ein Korruptionsskandal um ihre Nachfolgerin im Amt der Kabinettschefin geschadet haben. Ihre frühere Vertraute Erenice Guerra hatte nach Vorwürfen der Günstlingswirtschaft mitten im Wahlkampf vor rund zwei Wochen ihren Rücktritt erklären müssen. Lula hatte sich massiv in den Wahlkampf eingeschaltet. Jose Serra steht nun am 31. Oktober zum zweiten Mal in seiner Karriere in einer Stichwahl fürs Präsidentamt. 2002 hatte er die zweite Runde verloren - damals gegen Amtsinhaber Lula.

Umfassende Wahlen

Insgesamt waren am Sonntag mehr als 135 Millionen Wahlberechtigte in Brasilien zur Stimmabgabe aufgerufen. Sie wählten auch alle 513 Abgeordneten des Bundesparlamentes, 54 von 81 Senatoren, alle Gouverneure der 26 Bundesstaaten und des Hauptstadt-Distriktes Brasília und alle Regionalparlamente.