Zwischen den Zeilen

10. Oktober 2017, 18:19

"Die Korallen betrachten, was da oben auf dem Land, dem Wasser, abgeht", so Lopez Castro über ihre neue CD. "Ich nenne diesmal in meinen Texten das Kind nicht beim Namen. Also man würde nie sagen, sie spricht hier von einem afrikanischen Flüchtling, der ertrunken ist. Sondern ich versuche das eher unter der Haut, so subtil zu machen. Dass jeder so sein Ding rausziehen kann. Die Korallen stehen offen für den Tod oder für die Ölkatastrophe am Golf zum Beispiel."

Die Sängerin mit den dunklen kurzen Locken und den großen ausdrucksstarken Augen ist in Schwaben aufgewachsen und hat spanische Wurzeln. Sie ist gerade 30 Jahre alt geworden. Doch musikalisch hingezogen fühlt sie sich zu Musik, die eher vor ihrer Zeit liegt: zu lateinamerikanischen Klängen der 1970er Jahre, Lieder des chilenischen Musikers Victor Jara, Bossa Nova und Jazz. Heraus kommen sehr melancholische Lieder mit nachdenklichen Texten in Spanisch und Portugiesisch.

Mit Melancholie das "echte Leben spüren"

"Im echten Leben bin ich ein sehr fröhlicher Mensch und sehr nachdenklich", so Lopez Castro. "Ich habe immer das Gefühl, dass der ganze Schmerz dieser Welt auf meinen Schultern lastet. (...) Ich weiß nicht, es hat mich immer dahin gezogen. Vielleicht bin ich einfach so melancholisch, nachdenklich. Meine Mutter findet das immer ganz schlimm: Gott, du hattest so eine schöne Kindheit, woran liegt es denn? Was ist schief gelaufen? Aber ich finde einfach, man kann das Glück nur genießen, wenn man sich des Unglücks bewusst ist. Melancholie ist jetzt kein Unglück, aber das sind Momente, die lassen mich das echte Leben so spüren."

Laura Lopez Castro lebt bereits in der dritten Generation in Deutschland. Wie die Großeltern wollten auch ihre Eltern nicht unter der Diktatur Francos in Spanien leben. So blieben sie in Deutschland. Mit dem Los ihrer Großeltern hat sich die Sängerin in der letzten Zeit intensiv auseinander gesetzt: "Ich habe nie gefragt nach dem Gefühl, wie war das, wie es ist, fremd zu sein in dem Land. Das Gefühl ist für mich ein völlig abstraktes Gefühl."

Bossa Nova mit Jazz

"Eigentlich ist meine Geschichte toll", meint Lopez Castro: "Ich kann es mir immer aussuchen, ich hab die Wahl. Auch wenn ich gerne die Dinge dramatisiere. Trotzdem ist auf dieser Platte wahnsinnig viel Hoffnung drin, obwohl sie ganz dunkel ist und von Tod handelt."

Zusammen mit dem 20 Jahre älteren Don Philippe - alias Philippe Kayser - hat Laura Lopez Castro ihre drei Alben produziert. Das erste erschien 2006, das zweite bereits ein Jahr später. Hier interpretieren die beiden Künstler klassischen Bossa Nova und Jazz.

"Die ersten beiden Alben waren sehr traditionell in dem Sinne, dass sie auch hätten aus dieser Zeit sein können", sagt Lopez Castro. "Wenn man das jemandem zeigt, der keine Ahnung von dieser Musik hat, und sagt, diese Platte ist aus den 60ern, dann hätte er es vielleicht auch geglaubt."

Puristischer als die Vorgängeralben

Die dritte CD von Laura Lopez Castro und Don Philippe hat länger auf sich warten lassen. Das Album mit dem Titel "optativo" ist nun seit dem 13. August auf dem Markt. In den letzten drei Jahren sind die beiden Musiker eigene Wege gegangen: Jeder hat für sich ein bisschen experimientiert, Ideen gesammelt. Die Einflüsse von Jazz und Bossanova sind im neuen Album nach wie vor erkennbar. Die Akkorde aber haben sie reduziert, die Streichmusik herausgenommen. Und Don Philippe etwas an der Akustik gebastelt.

"Bei einem Stück hat er ein Stück Toilettenpapier in die Saiten eingeflochten", erzählt Lopez Castro. "Und dann klingt das so ein bisschen dumpf. Und wir sind nunmal Musiker aus Berlin, wir sind nun mal aus Berlin und haben dieses Großstadtding in uns und sind keine Gauchos, die einsam in der Prärie rumwandern und traurige Lieder über den Fluss schreiben, sondern wir sind nun mal urbane Menschen und ich glaube, das hört man auf dieser Platte."

Ende September gehen Laura Lopez Castro und Don Philippe auf Tournee durch Österreich, die Schweiz und Deutschland. Ihr Konzert in Wien ist am 5. Oktober 2010 in der Szene.

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