Staat könnte dadurch viel Geld sparen
WIFO empfiehlt mehr Privatisierungen
Das Wirtschaftsforschungsinstitut kritisiert, dass bei der politischen Debatte über Sparmaßnahmen und neue Steuern nicht an mögliche Privatisierungen gedacht werde. Dadurch könnte der Staat seine Schulden drücken und sich Zinszahlungen ersparen, so das WIFO.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 07.10.2010
Stefan Hartl
Positives Beispiel: Voestalpine
Privatisierungen sind in Österreich ein Schreckgespenst. Dabei gebe es eine Reihe erfolgreicher Beispiele, sagt Michael Böheim vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Die Voestalpine so ein Beispiel für eine erfolgreiche Privatisierung. Der Stahlerzeuger wurde vor Jahren zu hundert Prozent privatisiert. Jetzt spielt die Voestalpine in der obersten Liga der Stahlbranche.
WIFO: Politik gegen Privatisierungen
In Österreich gibt es aber seit Jahren keine neuen Privatisierungsaufträge. Das hat nicht unbedingt wirtschaftliche Gründe, sondern vielmehr politische, sagt Michael Böheim vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung: "Bereits im Regierungsprogramm ist von Privatisierung nicht mehr die Rede, das bedeutet, dass dieses Sistieren, also das Aussetzen, der Privatisierung im Prinzip politischer Wille ist. Die Wirtschaftspolitik hat sich hier einer Position ex ante beraubt, ohne im Detail darüber nachzudenken, was man hier erzielen könnte und ob es sinnvoll ist oder nicht."
SPÖ: Einmalerträge ohne nachhaltige Wirkung
Das WIFO hat im Frühjahr errechnet, wie viel der Verkauf eines Teils des Familiensilbers bringen würde. Es geht dabei um die ÖIAG-Beteiligungen (Post, Telekom und OMV), die Energieversorger, den Verbund, die Bundesimmobiliengesellschaft und die Bundesforste. Selbst wenn der Staat in diesen Unternehmen weiter einen Anteil zwischen 25 und 50 Prozent hält, könnte der Verkauf zwischen 8 und 25 Milliarden Euro bringen. Das seien Einmalerträge ohne nachhaltige Wirkung, heißt es aus der SPÖ. Außerdem sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
Ein falscher Ansatz, sagt der WIFO-Experte: "So gesehen ist für die Privatisierung nie der richtige Zeitpunkt, und umgekehrt könnte man genauso sagen, dass dafür immer der richtige Zeitpunkt ist. Es geht jetzt nicht darum, über das Knie brechend schnell Privatisierungserlöse für das Budget zu lukrieren, sondern auf Basis einer mittelfristigen Planung Staatsbeteiligungen weiter zu privatisieren und den optimalen Zeitpunkt und auch erlösmaximierende Privatisierungsstrategien überhaupt einmal zu entwickeln."
WIFO: Energiewirtschaft hat großes Potential
Auch in der ÖVP stehen Privatisierungen derzeit nicht auf dem Plan. Das Budget habe Vorrang. Doch auch diese Argumentation lässt der WIFO Experte nicht gelten. Denn die Privatisierungen würden dem Staat Zinsen in der Höhe von mindestens 300 Millionen Euro ersparen und somit das Budget entlasten. Am leichtesten könnte die Politik Unternehmen im Energiebereich privatisieren, sagt Böheim: "Das größte Privatisierungspotential sehe ich in der Energiewirtschaft, wo es neben der Energiegesellschaft noch neun Landesenergieversorger und eine Unzahl von Stadtwerken gibt, die relativ einfach an die Börse gebracht werden könnten." Das würde je nach Beteiligung zwischen 3 und 14 Milliarden Euro bringen.
Opposition skeptisch
Österreich könnte sich im Zuge der Budgetsanierung lange Debatten über Sparmaßnahmen oder neue Steuern sparen, wenn der Staat einen Teil seiner Unternehmensbeteiligungen verkaufen würde. Das jedenfalls sagt das Wirtschaftsforschungsinstitut. Die Regierung stehe bei neuen Privatisierungen aber seit langem auf der Bremse, kritisiert das WIFO. Eine Kritik, der sich zumindest das BZÖ anschließen kann. Die anderen Oppositionsparteien sind bei weiteren Privatisierungen skeptisch.
Mittagsjournal, 07.10.2010
Stefan Hartl