Prägend für den zeitgenössischen Tanz

Martha Graham Dance Company in Wien

Am 12. Oktober 2010 gastiert die berühmte Martha Graham Dance Company aus New York im Wiener Museumsquartier. Die vor 19 Jahren verstorbene Martha Graham galt als großer Erneuerer des modern dance, ihre Technik hat den zeitgenössischen Tanz maßgeblich beeinflusst.

Mittagsjournal, 12.10.2010

Das Programm soll einen Überblick über das lange Schaffen von Martha Graham bieten - sie hat ja für nicht weniger als 181 Choreographien firmiert, von denen etwa 50 erhalten sind, und in den frühen Jahren gab es ja kaum Möglichkeiten der Aufzeichnung von Tanz. So wird es ein Stück aus dem Jahr 1936 geben, von den Frauen der Company getanzt, das ein starkes Anti-Kriegs-Statement ist, dann eine Choreographie aus dem Jahr 1990, die sich humorvoll mit dem Leben Martha Grahams beschäftigt.

Dazu gibt es zeitgenössische Choreographien, die sich mit Martha Grahams legendärem Solo "lamentation" auseinandersetzen, das sind kurze Stücke von drei jungen Choreographen, erklärt Janet Eilber, die künstlerische Leiterin der Company, in der sie jahrelang als Tänzerin tätig war:

"Es geht uns nicht darum, eine Art Hagiographie von Martha Graham zu machen, sondern vielmehr darum, aufzuzeigen, wie sie die Welt des Tanzes und des Theaters verändert hat. Sie war ein bemerkenswerter Erneuerer, vergleichbar mit Strawinsky oder Einstein. Wir wollen diesen Innovationsgeist dem Publikum nahe bringen!"

Der Atem als Zentrum der Emotionen

Martha Graham, die 1991 im Alter von 97 Jahren in New York gestorben ist, hat den zeitgenössischen Tanz geprägt wie keine andere - die Liste der Tänzer, die mit ihr gearbeitet haben, ist lang: Rudolf Nurejew, Paul Taylor, Elisa Monte und Merce Cunningham, um nur einige Prominente zu nennen. Aber auch Madonna hat sich mit der Martha-Graham-Technik beschäftigt - eine Technik, die Janet Eilber folgendermaßen beschreibt:

"Martha Graham wollte echte menschliche Emotionen durch Bewegung ausdrücken. Das ist das Wesentliche. Sie wollte mit der Art Tanz brechen, die Schwäne oder märchenhafte Phantasiereiche inszenierte. Und so analysierte sie, wie wir uns bewegen, wie ein Körper reagiert, wenn er fröhlich oder traurig oder verliebt ist. Und sie fand heraus, dass der Atem im Zentrum unserer Emotionen steht. Bei der Martha-Graham-Technik geht die Bewegung vom Torso aus - die Basis ist die Atemtechnik. Sie arbeitet mit dem Ein-und Ausatmen, das entspricht der Kontraktion und der Entspannung. Auf der Bühne sieht man dann eine Theatralisierung von natürlichen menschlichen Bewegungen, von Körpersprache."

Diese Technik wird auch mit Erfolg von vielen Schauspielern verwendet, setzt Eilber fort: "Unsere Tänzer sind ja eigentlich zur Hälfte Schauspieler und zur Hälfte Tänzer. Die Technik ist der Stanislawski-Methode ähnlich, die ja in der Mitte des 20. Jahrhunderts das Schauspiel verändert hat. Da geht es darum, das innere Leben einer Figur durch ihre Bewegung sichtbar zu machen. Martha Graham hat in einer berühmten Theaterschule in New York unterrichtet, dem Neighbourhood Playhouse, mit Leuten wie Bette Davis oder Gregory Peck, die erzählten, wie sie das Schauspiel in Amerika beeinflusst hat."

"Elegant und tiefsinnig"

Erwähnenswert ist übrigens, dass es für jedes Stücke vorher eine gesprochene Einführung gibt, wie bei einem Audio-Guide in einem Museum, meint Janet Eilber, um eben die didaktische Seite aufzuzeigen. Als Tänzerin hat Janet Eilber Martha Graham ja gut gekannt.

Auf Fotos wirkt die Grande Dame des Tanzes immer sehr elegant, aber auch kühl. "Sie konnte jederzeit eine andere Person sein", so Eilber, "sie war eine große Theaterfigur. Sie konnte sehr elegant und tiefsinnig sein. Sie konnte aber auch sehr unterhaltsam und lustig sein. Bei den Tänzern in Wien werden Sie ihren großen Humor und ihr Gefühl für Theater sehen."

Service

Martha Grahams Dance Company, 12. bis 17. Oktober 2010, Museumsquartier

Museumsquartier - Martha Grahams Dance Company
Martha Graham Center