Zwei Jahrzehnte gemeinsame Regierung

Erfahrungen mit Rot-Grün in München

Nächste Woche will Wiens Bürgermeister Michael Häupl entscheiden, ob er mit der ÖVP oder doch mit den Grünen in Koalitionsverhandlungen tritt. In München regiert der Sozialdemokrat und Oberbürgermeister Christian Ude seit zwei Jahrzehnten mit den Grünen.

Mittagsjournal, 13.10.2010

Anlaufschwierigkeiten

Anfangs sei es mühsam gewesen, sagt Ude gegenüber Ö1, weil die Grünen Großprojekte pauschal abgelehnt hätten, den Ausbau des Flughafens genauso wie die Neue Messe. "Zum Glück" seien die Grünen aber so einsichtig gewesen, in diesen beiden Fällen keine Koalitionstreue vom Regierungspartner zu verlangen. Sie hätten den Sozialdemokraten erlaubt, sich im Münchener Stadtparlament Mehrheiten zu suchen.

Einvernehmliche Politik

Doch dann sei es 20 Jahre lang sehr gut gegangen, so Ude. Ganz einvernehmlich habe man eine ökologische Politik betrieben, eine Energiewende, eine Bildungspolitik inklusive Kinderkrippen, "was bei den Konservativen anfangs nicht der Fall gewesen wäre". Jetzt sei die Zeit wieder schwieriger, weil die Grünen in der Frage der Olympiabewerbung gespalten seien.

Zukunftsträchtige Konstellation

Zweifel an der rot-grünen Dauerbeziehung hat Christian Ude nicht: Soziale und ideologische Politik seien zukunftsträchtig, wenn die Bedingungen stimmen, sagt er. Damit meint Ude den Zustand der Grünen Partei, ob sie auch ein verlässlicher Partner sind oder eine "Chaostruppe". Die Wiener Grünen will Ude nicht beurteilen und für eine Empfehlung an Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl ist er zu diplomatisch. Seine Erfahrungen habe er dem Parteifreund aber schon mitgeteilt.

Grün ist nicht gleich Grün

Dabei betont der Münchener Oberbürgermeister die Unterschiedlichkeit der Grünen Gruppierungen: Während er mit der Landtagsfraktion nie zusammenkommen könnte, arbeite er mit der grünen Stadtratsfraktion seit zwanzig Jahren bestens zusammen. Seine Erklärung dafür: Die Stadträte würde in ihre Regierungsverantwortung hineingewählt, während die Fraktion im Landtag immer nur Opposition sei. "Da entwickelt man sich sehr unterschiedlich."

Unterschied trotz ähnlicher Probleme

Den Wiener Wahlkampfschlager Integration und Ausländer kommentiert Ude kritisch. Auch in München gebe es wie in Wien natürlich Stadtteile mit hohem Migrantenanteil, und Probleme, die gelöst gehörten. Der Unterschied ist für Ude aber, dass in Wien eine demagogische Kraft wirkungsvoll "auf die Pauke haut", wie er sagt: "Und dass manche Leute nicht bereit sind, sich komplizierten Problemen differenziert zu nähern. Stimmungsmache gegen Ausländer ist halt ein zugkräftiges Programm, auch wenn es kein einziges Problem löst."

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