McDermott und McGough im project space Karlsplatz

Wie aus vergangenen Zeiten

Sie kleiden sich wie Gentlemen aus dem 19. Jahrhundert, reisen mit dem Schiff und mit der Bahn und schaffen mit ihren Fotografien, Installationen und Performances Paralleluniversen aus der Vergangenheit. Die Rede ist vom Künstlerpaar David McDermott und Peter McGough. Die Kunsthalle Wien zeigt ab 20. Oktober 2010 im project space am Karlsplatz ihre Arbeiten.

Kulturjournal, 19.10.2010

Zwei mit Obst gefüllte Glasschalen auf einem lackierten Holztisch vor einer gemusterten Tapete, ein Porzellanhündchen und ein Spiegel mit dickem Holzrahmen auf einer alten Kommode: David McDermotts Haus in Dublin ist Wohnstätte und Kunstinstallation zugleich. 39 in Cyanoblau gehaltene Schwarzweiß-Fotografien zeigen Innen- und Außenansichten von McDermotts Haus in 26 Sandymount Avenue - und sie bilden den Mittelpunkt der gleichnamigen Ausstellung im project space am Karlsplatz.

In einer Zeitkapsel

Während McDermott in seinem Dubliner Domizil lebt, hat sich Peter McGough in New York ein Appartement im Stile der 1930er Jahre eingerichtet. Das Künstlerpaar arbeitet und lebt in einer Zeitkapsel, die ästhetisch in der Epoche zwischen den beiden Weltkriegen angesiedelt ist. Was treibt die beiden zu dieser offen zelebrierten romantischen Sehnsucht? Es ist, wie an den Worten Peter McGoughs schnell zu erkennen ist, eine radikale Kritik an der modernen Zivilisation. Diese halte es mit all ihrem Fortschrittsglauben nämlich offenbar für nötig, die Vergangenheit zu beseitigen.

Unsere Gegenwart sei von Unternehmen gesteuert, sagt McDermott mit einer Eindringlichkeit, die nichts vom Eindruck des romantischen Spießers übriglässt. Die Shopping-Malls dieser Welt würden uns zeigen, wie wir uns zu kleiden hätten, welche Technik wir bräuchten, wie wir kommunizieren und leben sollten. Der Westen sei bereits darin geübt, Altes zu zerstören und dem Fortschritt zu opfern, so der Künstler. Wie anders als jetzt wäre die Situation wohl in China, fragt McDermott, wenn die Briten das Land im 19. Jahrhundert nicht geteilt hätten?

Von Drogendealern beschützt

Hinter dem nostalgischen Auftreten von McGough und McDermott steht die Kritik am Fortschrittswahn der Moderne, und diese Kritik leben sie seit Jahren mit Konsequenz. Die beiden Künstler würden Malerei, Fotografie, Installation und Performance zu einem ganzheitlichen Ding verschmelzen, schrieb der Kunstkritiker Erik Wenzel.

Kennengelernt haben sich die beiden Ende der 1970er Jahre im New Yorker East Village - ein damals noch gefährliches Viertel, das von Drogendealern kontrolliert wurde. Doch wegen der billigen Mieten siedelten sich hier auch Künstler an. Durch dieses Milieu spazierten NcDermott und McGough damals schon als Aliens aus der Vergangenheit. Doch sie wurden von den Drogendealern nicht nur akzeptiert, sondern sogar beschützt, erzählt Peter McGough:

"Als wir einmal von einem Mann bedroht wurden, kam einer der Drogendealer die Straße rübergerannt, stieß ihn weg und schrie: 'Lass die beiden in Ruhe!' Wir wurden niemals ausgeraubt und nur selten bedroht. Ich glaube die Leute dort schätzten es, dass wir etwas Neues in die Gegend brachten, die von Latinos und der polnischen Community geprägt war."

Erinnerungen an Klaus Nomi

An der East Side lebten und arbeiteten auch Künstler wie Keith Haring und Kenny Scharf, mit denen McGough und McDermott gut bekannt waren. Die Band Talking Heads wirkte hier ebenso wie der Sänger Klaus Nomi, der wie auch David McDermott ein Countertenor war. Mit ihrem opernhaften Stil setzten die beiden einen Kontrapunkt zu Punk und Rock'n'Roll, und in gewisser Weise sei es Nomi gewesen, der ihn in die Welt der Vergangenheit eingeführt habe, sagt McDermott.

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Kunsthalle Wien - McDermott & McGough