Große Büros als Vorreiter

Österreichische Architekten in China

Österreich ist als Exportnation stark und nimmt den stolzen sechsten Platz unter allen exportierenden Ländern der Welt ein. Und das, obwohl nur zehn Prozent der österreichischen Firmen im Auslandsgeschäft tätig sind. Eine Dienstleistungsbranche, die da sicher noch Aufholbedarf hat, ist die Architektur.

Kultur aktuell, 27.10.2010

Rutschiges Parkett China

Denn China gilt in Architektenkreisen als rutschiges Parkett, auf das sich nur wenige wagen, obwohl in der 1,3-Milliarden-Volksrepublik Millionenstädte aus dem Boden gestampft werden.

Vergangene Woche sind 20 österreichische Architekten unter Leitung der "Außenwirtschaft Österreich" nach China gereist, um das Terrain zu sondieren.

Bauen in schnellem Tempo

In China wird in atemberaubendem Tempo gebaut. Aus Österreich haben sich bisher vor allem die größten Büros nach China getraut: Baumschlager/Eberle hat gerade das siebente Projekt begonnen, Coop Himmelb(l)au das zweite und Hans Hollein will noch vor Jahresende mit dem Bau eines 200 Meter hohen Bankgebäudes in Shenzen beginnen.

China schätzt die österreichische Ingenieurs- und Baukunst, wie man an den vielen Liebherr-Kränen auf den Baustellen erkennen kann oder an der gewaltigen Brücke von Waagner-Biro in Hongkong. Cao Jianlin, Vizeminister für Wissenschaft und Technologie, flötete dieser Tage: Österreichische Architekten hätten großes Knowhow in Sachen Umwelttechnologien und Energieeffizienz, sodass China sich über Kooperationen mit ihnen sehr freue. Denn Umweltschutz wird in China neuerdings großgeschrieben.

Keine China-Falle

Von einer China-Falle, oder davon, dass österreichische Architekten im Reich der Mitte abgezockt wurden, wissen Vertreter der großen Büros, die in China bauen, nichts. Bei einem Architektursymposium, das die Österreichische Außenwirtschaft letzte Woche in Hongkong veranstaltet hat, sagte etwa Wolfdieter Dreibholz von Coop Himmelblau:

"Wir haben hauptsächlich mit Städten zu tun und deren Verwaltung und Provinzen. Da unterscheiden sich die Spielregeln nicht wesentlich von unseren. Sie sind vielleicht am Anfang nicht so leicht zugängliche, weil man auch die psychologischen Faktoren nicht so kennt, wie man sie vielleicht mit einem deutschen Bauherrn derselben Kategorie hat."

Chinesische Partner vorgeschrieben

Für angenehm halten diese Architekten die Regel, dass jeder ausländische Architekt in China mit einem chinesischen Partner zusammenarbeiten muss - wie etwa mit dem Xian Dai Architekturbüro, das 3.300 Mitarbeiter beschäftigt. Denn ein chinesischer Partner erleichtert es, die Entscheidungshierarchien in chinesischen Unternehmen zu durchschauen.

Außerdem sind die Chinesen auf westliche Kreativität angewiesen, wie Michael Kwok von der britischen Firma Arup Partners, erklärt. Kwok ist selbst Hongkongchinese und sagt, Chinesen seien viel weniger kreativ als andere Menschen, das sei ihnen in ihrem Gesellschaftssystem von klein auf abtrainiert worden. Daher seien ausländische Architekten sehr wichtig, um die chinesische Architektur zu stimulieren.

Da in China gute Architektur, die lange Haltbarkeit aufweist und ökologisch verträglich ist, im neuesten Fünfjahresplan ausdrücklich gewünscht wird: Ein guter Grund mehr für österreichische Architekten, dem Reich der Mitte einen Besuch abzustatten und dort an Wettbewerben teilzunehmen.