Auftrag für eine Reinigungsfirma

Staatsanwaltschaft ermittelt im Wiener AKH

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen vier hochrangige Mitarbeiter des AKH, des größten Krankenhauses Österreichs. Ein Auftrag an eine Reinigungsfirma soll unter höchst fragwürdigen Umständen ergangen sein. Die Staatsanwaltschaft verfügt über seltene Indizien: Tonbandprotokolle von geheimen Besprechungen.

Mittagsjournal, 27.10.2010

Tonaufnahmen von geheimen Sitzungen

Dass eine Staatsanwaltschaft über Tonaufnahmen von geheimen Sitzungen und Telefonaten verfügt, ist eine absolute Seltenheit. Erst zum zweiten Mal seit der Schaffung der Korruptionsstaatsanwaltschaft vor zwei Jahren, gebe es solche Indizien, sagt Staatsanwaltschaftssprecherin Eva Habicher. Aufgenommen hat die Gespräche der Reinigungs-Unternehmer Dragan Janus. Zu hören ist darauf, laut der Wiener Stadtzeitung Falter, unter anderem, wie der erst vor kurzem pensionierte Verwaltungsdirektor des AKH ein Treffen eröffnet: Dieses Treffen habe nie stattgefunden, Vermerke in Terminkalendern seien zu streichen.

Drohungen aufgenommen

Firmenchef Janus, der die Gespräche aufgenommen hat, sagt, seine 319 Mitarbeiter im AKH hätten seit 2004 immer zur vollsten Zufriedenheit dort gearbeitet. Er sei im jüngsten Bieterverfahren außerdem Bestbieter gewesen und um 3 Millionen Euro billiger als die Firma, die jetzt den Auftrag erhalten hat. Aufgenommen hat Janus demnach auch Drohungen, wenn er im Bieterwettstreit nicht aufgebe, werde er gar keine Aufträge mehr bekommen. Dann gebe es Zitat „keine Firma Janus im AKH mehr".

"Aufnahmen aus Notwehr"

Andererseits wurde laut Falter versucht, die Firma ins Boot zu holen. Man werde eine spätere Ausschreibung so hinbiegen, dass Janus gewinne. Zitat: „Des passt scho so. Krieagst eh dein Preis." Janus sagt gegenüber Ö1, ihm sei es mit den Tonbandaufnahmen darum gegangen, dass seiner Firma nicht vorgeworfen werden könne, in diese Korruptionsgeschichte verwickelt zu sein. Die Aufnahmen seien aus Notwehr erfolgt, weil es um die Existenz des Unternehmens gehe, so Janus.

Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen vier hochrangige Mitarbeiter bzw. Ex-Mitarbeiter des AKH. Staatsanwaltschaftssprecherin Eva Habicher: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittle gegen vier namentlich bekannte Mitarbeiter des AKH wegen des Verdachts der Untreue und der Ausnützung einer Amtsstellung bzw. dass der Zuschlag in diesem Vergabeverfahren nach unsachlichen Kriterien erteilt und dass dadurch der Gemeinde Wien ein Vermögensnachteil zugefügt wurde. Ob sich irgendwelche Personen bereichert hätten, dafür gebe es derzeit keine konkreten Anhaltspunkte. Das werde aber auch im Ermittlungsverfahren zu klären sein, so Habicher. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Verwürfe auch in anderen Bieterverfahren

Laut dem Unternehmer Janus gibt es mittlerweile ähnliche Vorwürfe das AKH betreffend von einer zweiten Firma, im Zusammenhang mit einem anderen Bieterverfahren. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang sind weitere mutmaßliche Zitate hochrangiger AKH-Mitarbeiter: „Schauen Sie, das ist hier ein gelebtes Procedere seit Jahren, ein gelebtes Procedere, in dem wir ganz einfach uns bewegen und wohlfühlen." Und noch ein Satz: „Kein Politiker traut sich, dem AKH Weisungen in irgendeiner Art und Weise zu geben. Wir wollen eine Ruhe haben, und wir wollen das so machen, wie wir das gewohnt sind. Wir haben hier Handschlagqualität, und das macht ganz Wien."

Qualität als Kriterium

Vom AKH gibt es vorerst noch keine Stellungnahme, es wurde für 12 Uhr eilig eine Pressekonferenz einberufen. Entscheidend bei der Auftragsvergabe war laut offizieller Version, dass die neue Reinigungsfirma Senior-Manager hatte, die die Reinigungsarbeit qualitativ überwachen sollten. Die aber habe er auch gehabt, sagt der Unternehmer Janus.

Abendjournal, 27.10.2010

Neue Firma ab November

Ab 1. November sind 360 Arbeitskräfte einer neuen Firma für die Reinigung im AKH zuständig. Rechtlich gebe es einfach keine andere Möglichkeit, beteuern die AKH-Verantwortlichen. Dabei hatte die frühere Reinigungsfirma einen Einspruch gegen die neue Auftragsvergabe eingelegt und ihn offenbar nur unter massivem Druck zurückgezogen. So soll ein hochrangiger AKH-Mitarbeiter dem Reinigungsunternehmer gedroht haben, "wenn er Probleme mache, bekomme er nie wieder einen Auftrag der Stadt Wien".

Krepler: Strafanzeige erstattet

Außerdem hat die Stadtzeitung Falter Tonbandprotokolle veröffentlicht, wonach angeboten worden sei, man werde eine spätere kleinere Ausschreibung so hinbiegen, dass sie der diesmal unterlegene Anbieter gewinnen werde. AKH-Direktor Reinhard Krepler: "Die Tonbandprotokolle zeigen, dass sich diese Beamten völlig unrichtig verhalten haben. Gegen diese Beamten ist Strafanzeige erstattet worden und Disziplinarverfahren sind eröffnet worden."

Ermittlungen gegen 4 AKH-Mitarbeiter

Staatsanwaltschaftssprecherin Eva Habicher: "Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen vier AKH-Mitarbeiter wegen des Verdachts der Untreue und der Ausnützung einer Amtsstellung bzw. dass der Zuschlag in diesem Vergabeverfahren nach unsachlichen Kriterien erteilt und dadurch der Gemeinde Wien ein Vermögensnachteil zugefügt wurde. Ob sich Personen bereichert haben, dafür gibt es derzeit keine konkreten Anhaltspunkte, wird aber auch im Ermittlungsverfahren zu klären sein."

AKH hat Hotline eingerichtet

Das AKH will jetzt auch andere Vergabeverfahren prüfen und hat eine Hotline eingerichtet, wo Informanten anonym mögliche andere Korruptionsfälle melden könnten.