Ermittlungen gegen Staatsanwälte
Amtsmissbrauch im Fall Kampusch?
Haben die Staatsanwälte im Fall der Entführung von Natascha Kampusch schlampig gearbeitet?
Diesen Vorwurf erhebt zumindest der pensionierte Höchstrichter Johann Rzeszut in einer Sachverhaltsmitteilung an das Parlament. Nun wurde die Staatsanwaltschaft Innsbruck beauftragt, wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauchs zu ermitteln.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 03.11.2010
Vorwurf gegen fünf Staatsanwälte
Zweimal ist der Entführungsfall Natscha Kampusch von verschiedenen Staatsanwälten untersucht worden. Doch anscheinend hat die Causa das Zeug dazu, eine unendliche Geschichte zu werden. Die Vorwürfe des ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofes (OGH), Johann Rzeszut, richten sich gegen fünf hochrangige Staatsanwälte, die sich im Laufe der Jahre mit der Entführung beschäftigt haben. Ihnen wirft Johann Rzeszut als ehemaliges Mitglied der Adamovic-Kommission vor, entscheidende polizeiliche Ermittlungsergebnisse vernachlässigt zu haben.
Strafrechtliche Relevanz?
Wesentliche Ermittlungsschritte seien jahrelang verzögert oder gänzlich unterlassen worden, so Rzeszut in seinem Schreiben ans Parlament. Jetzt hat der Vorwurf Konsequenzen. Vor einer Woche hat die Generalprokuratur die Anschuldigungen an die Staatsanwaltschaft Innsbruck weitergeleitet. Sie soll untersuchen, ob an den Vorwürfen etwas dran ist und ob sich die von Rzeszut beschuldigten fünf hochrangigen Staatsanwälte bei den Kampusch-Ermittlungen des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht haben. Hansjörg Mayr, Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck bestätigt, dass nun die Akten geprüft würden. Dann werde sich zeigen, ob es tatsächlich Nachlässigkeiten gegeben habe, "die auch im Sinne des Amtsmissbrauchs strafrechtlich relevant sein könnten."
Keine Neuaufrollung
Das der Fall Kampusch nun von einer dritten Staatsanwaltschaft noch einmal neu aufgerollt wird, ist nicht vorgesehen, so Mayr. Das habe mit dem Kampuschverfahren im engeren Sinne nichts zu tun, es werde lediglich die Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft Wien überprüft.
Verständnis bei Betroffenen
Zu den Beschuldigten gehört etwa der Leitende Oberstaatsanwalt Werner Pleischl. Er sagt in einer ersten Stellungnahme, dass er noch nicht offiziell von den Ermittlungen informiert worden ist. Aber er habe Verständnis dafür, dass dieser Vorwürf überprüft werden muss. Auch der Leiter der Staatsanwaltschaft Graz, Thomas Mühlbacher, gehört zu den Beschuldigten. Aus seiner Sicht kommen die Ermittlungen nicht überraschend. Denn wenn jemand, auch unberechtigte, Vorwürfe erhebt, müsse das von einer Staatsanwaltschaft überprüft werden, so Mühlbacher. Er erwarte sich, genauso behandelt zu werden wie jeder andere.