Arbeitsgruppe tagt

Pflegeproblem: Lösung dringend gesucht

Im Sozialministerium gehen die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern weiter, wie die Pflege in Zukunft finanziert werden kann. Fest steht, dass die explodierenden Kosten für die Pflege zunehmend zum Problem werden, vor allem für Länder und Gemeinden. Und auch beim Pflegegeld herrscht dringender Reformbedarf.

Mittagsjournal, 04.11.2010

Kosten steigen

Die Zahlen sind alarmierend: Heuer geben Bund, Länder und Gemeinden schon fast vier Milliarden Euro für die Pflege aus, das heißt für Pflegegeld, mobile Hilfsdienste, Pflegeheime. Und die Kosten steigen, weil die Menschen immer älter werden, weil schon über 430.000 Menschen Pflegegeld beziehen, weil immer öfter Pflegebedürftige nicht mehr von der Familie sondern in einem Heim gepflegt werden, und weil die Löhne und Aufwendungen im Pflegebereich steigen.

Bis 2020 um ein Drittel mehr

Das Sozialministerium geht davon aus, dass die Kosten für Pflegeheime bis 2020 um ein Drittel zunehmen, in zehn Jahren also von eineinhalb auf zwei Milliarden steigen. Eine Valorisierung des Pflegegeldes, also die jährliche Abgeltung der Inflation, ist da nicht miteingerechnet, und wird wohl auch, anders als von Hilfsorganisationen und Behindertenverbänden gefordert, nicht kommen.

Pflegegeld für weniger Menschen

Es braucht also mehr Geld. Doch stattdessen hat die Regierung bei den Budgetverhandlungen beschlossen, zunächst einmal beim Pflegegeld zu sparen. Die 1993 eingeführten sieben Pflegestufen bleiben zwar, doch es wird schwieriger, überhaupt Pflegegeld zu bekommen. Um Pflegegeld in den Stufen 1 und 2 zu erhalten, muss der Pflegebedarf bei neuen Fällen höher sein als bisher. Künftig werden also weniger Menschen Pflegegeld bekommen. Bis 2014 will die Regierung so rund 350 Millionen Euro einsparen, der Aufschrei der Hilfsorganisationen verhallte ungehört.

Teure Zersplitterung

Ein Problem und geldvernichtender Faktor ist aber auch die zersplitterte Struktur beim Thema Pflege, zum Beispiel beim Pflegegeld. Dort wo man pensionsversichert ist, kann man das Pflegegeld beantragen. Das führt dazu, dass der Bund den weitaus größten Anteil des Pflegegeldes und zwar vor allem über die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) auszahlt. Aber auch die Länder zahlen Pflegegeld aus, und zwar an jene, die keine Pension beziehen, vor allem also an kranke oder behinderte Kinder. Dazu kommen weitere kleinere Versicherungsträger wie die Eisenbahner, die Gewerbetreibenden oder die Bauern oder die Gemeinden, bei denen zum Beispiel die Gemeindebediensteten um Pflegegeld ansuchen können.

Verwaltung vereinfachen?

Diese vom Rechnungshof oft kritisierte Struktur führt dazu, dass 300 verschiedene Stellen für die Auszahlung des Pflegegeldes zuständig sind. Was für Betroffene bedeutet, dass sie oft gar nicht wissen, wo sie Pflegegeld beantragen können, dass sie lange auf das Pflegegeld warten müssen, und dass nach unterschiedlichen Kriterien Pflegegeld zuerkannt wird oder eben nicht. Die Arbeitsgruppe berät nun, ob Bundes- und Landespflegegeld künftig zusammengelegt werden sollen, was eine einfachere Verwaltung und vermutlich auch kürzere Verfahrensdauern bedeuten würde, die Länder haben da allerdings noch nicht zugestimmt.

Streit ums Geld

Auch die Geldflüsse beim Thema Pflege sind intransparent. Der Bund zahlt heuer rund zwei Milliarden in Form des Pflegegeldes, die Länder und Gemeinden zusammen rund 1,8 Milliarden vor allem für die mobilen Dienste und die Pflegeheime. Die Gemeinden steuern rund die Hälfte dieses Betrags für die Länder als Pauschalbeitrag bei, wissen aber oft gar nicht genau, wofür das Geld ausgegeben wird. Fest steht allerdings, dass alle nach mehr Geld schreien. Die Länder und Gemeinden werfen dem Bund vor, das Pflegegeld nicht zu valorisieren, das heißt sie müssen bei Heimplätzen und mobiler Hilfe ordentlich Geld drauflegen. Der Bund entgegnet, die Länder sollten das Geld aus den eben beschlossenen Steuererhöhungen doch für die Pflege verwenden.

Fonds - aber wie?

Abhilfe könnte der oft zitierte Pflegefonds schaffen, der auch in der Arbeitsgruppe verhandelt wird. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) will, dass der Fonds schon ab kommendem Jahr die Mehrkosten für die Pflege abdeckt, also mit rund 500 Millionen Euro gespeist wird. Woher das Geld kommen soll? Genau - auch das ist unklar und soll auch in der Arbeitsgruppe geklärt werden.