Ausflüge im Herbst

Der leuchtende Ring

In sieben Folgen wurden Freuden und Leiden mit dem "Ö1 Testwagen" Ginetta beschrieben. Meistens stand ja der kleine englische Sportwagen, im Spätherbst gab es aber doch Erfolgserlebnisse. Trotzdem kann das Leben mit einem einfach scheinenden Auto alles andere als einfach sein.

Divergierende Umlaufzeiten

In Melk, am Wachauring, verlor ich einen Schweinwerferring. Klassisch verchromt. Es war der erste Tag, an dem Ginetta wieder fuhr. Die Ecurie Vienne veranstaltete ein flottes Fahrtraining, Kurventechnik, ein wenig driften im Wasserbad, den Wachauring umrunden.

Ein rechtsgelenktes Auto bedeutet bei mir, mit dem schwächeren Arm schalten. Bin trotz vieler Stillstandzeiten schon ein wenig gewöhnt dran, aber so ganz easy - eben "mit links" - mache ich es nicht immer. Ginetta fuhr gut, kam mit alten und neuen Porsches mit, nur die ganz schnellen, Audi R8, BMW M3 und Porsche GT3 RS, die kamen von anderen Planeten und hatten deshalb auch ganz andere Umlaufzeiten am Wachauring.

Kuraufenthalt in Bayern

Aber halt, wieso fährt Ginetta wieder, sie stand ja fast ein Jahr tagein tagaus in irgendwelchen Werkstätten? Die Rettung kam in Egg, im Bayrischen Wald. Dort betreibt nämlich Georg Scheppach eine kleine Werkstätte und via Internet kam einer meiner Wiener Mechanikerfreunde, der wie schon mehrere an der einfachen aber seltsamen Ginetta-Elektronik scheiterte, auf den Bayern in seinem Dorf, auf seine Werkstätte gleich beim Schloss.

Scheppach ist einer der ganz seltenen Spezialisten für diese Elektronik, die notwendig ist, damit man einen Katalysator bei diesem Auto verwenden kann, was wiederum aus ökologischen und typisierungstechnischen Gründen sehr angeraten ist. Stundenlange Tüfteleien in Wien kamen zum Ergebnis, dass mit dem alten Teil nichts zu machen ist - Wasserschaden, Korrosion, Scheitern.

Aus Bayern wurde per Post eines der letzten baugleichen Exemplare geschickt - aber es half alles nichts. Vor der ganz großen Verzweiflung und ebensolcher Investition in neue Teile wurde Scheppachs Selbstvertrauen "Den krieg ich schon zum Laufen" auf die Probe gestellt - und Ginetta nach Bayern geschickt.

Transporter bestellt, Ginetta abgeholt und Herrn Scheppach in Egg vor die Türe gestellt. Der begann zu schrauben, zu testen, seinen Spezialprüfstand zu benutzen und zehn Fehler zu finden - von falscher Zylinderfolge bei der Zündung über diverse Kontaktfehler bis zu einer grundfalschen Einstellung - für einen Zweilitermotor statt für einen 1800er.

"Da ist Wasser eingedrungen."

Automechaniker Georg Scheppach bei der Ginetta-Anamnese

Ein Versuch, nach Hause zu kommen

Am Tag des Fahrtrainings stieg ich zu nachtschlafender Zeit in die Westbahn und fuhr über Deggenforf nach Egg. Benzin nachleeren, freundliche Worte wechseln und losfahren. So geht das. Mit Verspätung in Melk eingetroffen, im Kreis fahren geübt, den Schweinwerferring verloren. Ich machte mich zu Fuß auf den Weg, Boxengasse entlang, am Beginn der 180 Grad Kurve in der Wiese blinkt Chrom. Wunderbar. Wieder an den Schweinwerfer gesteckt, noch ein paar Runden gedreht.

Ein Bekannter schaut das Auto an, ich frage, ob er den nun endlich funktionierenden Motor sehen will. Er will. Motorhaube auf, Alarmanlage an, alles aus. Am nächsten Tag bringt der ÖAMTC Ginetta nach Wien, ein paar Tage später nach vielen Arbeitsstunden war die Alarmanlage entfernt, abgesperrt wird nun mechanisch, nicht mehr elektronisch, eine Fehlerquelle ist eliminiert. Der Mechaniker macht eine Probefahrt, bei der ersten Kurve fällt der am Ring wiedergefundene Chromring. Gegenverkehr, der Ring ist platt.

Aus eigener Kraft fährt Ginetta in die Garage, es herbstelt bereits, der Sommer wurde stillstehend gefeiert, geplant ist eine österreichische Typisierung. Hoffentlich vor dem Winter. Und einen neuen Ring gibt es auch schon, vom Spezialgeschäft für alte Minis, echt verchromt, original von der Firma Lucas stammend. Unter Oldtimerfreunden hat diese Marke einen heroisch klingenden Namen: "Lucas, the prince of darkness" - der Chromring allerdings glänzt, und wenn Licht darauf fällt, könnte man meinen, er leuchte von selbst.