500 Tote durch Diabetes-Medikament
Medikamentenskandal in Frankreich
Nach HIV-infizierten Blutkonserven Ende der 1990er und einem Skandal um tödliche Wachstumshormone hat Frankreich jetzt einen weiteren Gesundheits- und Arzneimittelskandal: Das Diabetes Medikament "Mediator" des französischen Herstellers Labor Servier soll in Frankreich für den Tod von mindestens 500 Patienten verantwortlich sein.
8. April 2017, 21:58
Abendjournal, 16.11.2010
Gefährlicher Appetitzügler
Das Medikament "Mediator", eigentlich für übergewichtige Diabeteskranke bestimmt, wurde besonders von Frauen auch gerne als Appetitzügler verwendet, um Gewicht zu verlieren.
Die schlimmsten Nebenwirkungen, die auch erst Jahre nach der Einnahme des Medikaments auftreten können, sind Verdickungen der Herzklappen. Über 30 Jahre lang war das Medikament in Frankreich verkauft worden, an rund 5 Millionen Patienten.
In den USA schon lange verboten
Doch letztes Jahr wurde es wegen schwerer Nebenwirkungen vom Markt genommen - während dies in den USA bereits 12 Jahre früher geschehen war.
Seit Ende der 1990-er Jahre schon hatten Herz- und Lungenspezialisten das Medikament an den Pranger gestellt. Erst jetzt aber hat eine Studie der französischen Krankenkasse diese Katastrophe im Gesundheitswesen, wie am Dienstag ein Oppositionspolitiker sagte, offiziell anerkannt.
Kritik an Behörden
Die französische Aufsichtsbehörde für Gesundheitsprodukte muss sich nun vorwerfen lassen, jahrelang geschwiegen zu haben. Frankreichs Gesundheitsminister Bertrand sagte bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz: "Wer Mediator während mindestens drei Monaten eingenommen hat im Lauf der letzten vier Jahre, sollte unbedingt seinen Hausarzt konsultieren."
Pharmafirma weist Schuld von sich
Neben mindestens 500 Todesfällen spricht die Studie von 3.500 zum Teil aufwendigen Krankenhausbehandlungen auf Grund des Medikaments. Eine Frau, die 18 Monate lang "Mediator" eingenommen hatte und sich 2004 einer schweren Herzoperation unterziehen musste, sagt heute: "Ich will, dass das Unternehmen eingesteht, was es getan hat. Dass man das Leiden anerkennt, das man uns zugefügt hat und das wir weiter ertragen müssen."
Der Hersteller aber, Labor Servier, Frankreichs zweitgrößtes Pharmaunternehmen, weist alle Vorwürfe zurück. Ältere Menschen und Diabetiker hätten generell ein höheres Risiko für Herzklappenfehler, liess die Firma erklären.